Für das Erinnern
Edgar Mannheimer ist in den Akten des ITS Arolsen mit Geburtsdatum 23.12.1925 verzeichnet ud hatte die Häftlingsnummer 87097. Sein Beruf wurde auf dem Personalbogen mit "Schuster" angegeben. Er war am 2.2.1943 in Ungarisch Brod verhaftet worden und kam mit dem Transport vom 6.8.1944 aus Warschau ins Lager Dachau bzw. das Außenlager Allach. Am 15. Februar 1944 wurde er nach Mettenheim I überstellt.
Ich bin 1925 (am 23. Dezember) in Neutitschein geboren und noch nicht dreizehnjährig begann das Schicksal.
Die Deutschen sind einmarschiert, haben das so genannte Sudetenland besetzt, dann im November die "Kristallnacht". Vater wurde verhaftet.
Wir mussten dann praktisch die Heimatstadt und die Geburtsstadt verlassen und zogen in die Geburtsstadt meiner Mutter nach Ungarisch-Brod,das auch in Mähren ist. Nicht lange danach besetzten die Deutschen auch das Protektorat.
Ich ging da noch eine Zeit zur Schule, da mein Traum Autorennfahrer oder Autoingenieur und Automechaniker war. Das war leider nicht mehr möglich. Wir wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet. Ich habe per Zufall schwarz das Schuhmacherhandwerk gelernt. Das hat mir, würde ich sagen, mir und meinem Bruder Max das Leben gerettet. Ich konnte in Auschwitz als Schuhmacher arbeiten und auch später in Warschau, so dass das leichter zu überleben war, als Zement im Laufschritt zu tragen.
Wir waren vier Brüder und eine Schwester. Zwei Brüder, die Schwester und die Eltern sind in Auschwitz geblieben. Und ich habe mit meinem Bruder überlebt. Und ich würde sagen, durch ein Wunder und dank dieses Handwerks.
Wir kehrten 1945 zurück in die Heimatstadt Neutitschein in Mähren. Und da begannen wir wieder von vorne und 1948 habe ich mit Hilfe eines Freundes via Israel die Ausreise bekommen und kam dann zurück zu meinem Bruder nach München, der dort schon zwei Jahre lebte. Dann begann ich alles Mögliche.
Ich hatte schon einmal in einer Likörfabrik gearbeitet und deshalb habe ich gedacht, dass ich auch ein Destillateur sein könnte und habe bis 1951/52 eine Likörfabrik geführt. Dann verkaufte ich das und begann mein Hobby zum Beruf zu machen: Kunsthändler. In dieser Branche bin ich nun schon 30 Jahre und ziemlich erfolgreich.
Der Beginn der Verfolgung in Ungarisch-Brod: 1943, Ende Januar hat man uns verfrachtet nach Theresienstadt, wo wir maximal 48 Stunden waren und dann wurden verschiedene aussortiert und weitergebracht nach Auschwitz-Birkenau.
Dort hatten wir 6 Wochen Quarantäne. Ich glaube die Quarantäne, die sechs Wochen waren schlimmer als die ganzen 28 Monate, die wir im Konzentrationslager waren.
Nach sechs Wochen kamen wir wieder nach Auschwitz ins Hauptlager und da wurde ich wieder zugeteilt.
Da hat man nach Berufen gefragt. Man hat gefragt: Wer ist Koch? und der Koch ging Straßenbau machen, aber Schuhmacher gingen wirklich in die Schuhmacherwerkstatt.Und da ich ziemlich gut war - erst war ich in der Häftlingsschuhmacherei, da hatten wir neue Holzschuhe gemacht - und später kam ich in die SS-Schuhmacherei. Und da hab ich Lederschuhe repariert hauptsächlich. Das war für uns schon, wie man sagt, ein bisschen erträglicher, weil wir - man nannte das "organisieren" - ich hab viele Freunde versorgen konnte mit Schuhen und Schuhe waren vielleicht das Wichtigste. Mit nassen Füßen in Februar usw.
Im März 1943 in Auschwitz war die größte Kälte glaub ich, an dieich mich erinnern kann,überhaupt seit Menschengedenken. Aber es kann auch sein, dass wir vielleicht so gefroren haben, da wir so wenig zu essen gehabt haben und sehr schlecht gekleidet waren. Deswegen waren warme Füße etwas sehr Wichtiges.
Als ich in Auschwitz war, ging ich zum Krankenbau. Und ich musste gehen und zuerst eine Karte holen. Und da sagte er zu mir:
"Kennst du mich nicht mehr?"
Sag ich: "Nein."
Sagt er: "Du bist doch ein Mannheimer."
Sag ich: "Ja, ich bin ein Mannheimer und ich kenn dich nicht."
Sagt er: "Seit wann bist du in Auschwitz?"
Sag ich: "Was weiß ich, zwei, drei Wochen."
Dann sagt er: "Ah, dann bist du es nicht. Wie heißt du?"
Sag ich: "Edgar."
Sagt er: "Hast du einen Bruder, der Erich heißt? "
Sag ich: "Ja."
Geht er nachschauen in die Kartothek und hat festgestellt, dass der Bruder abgefrorene Füße hatte und dass er durch seine Füße getötet wurde.
Er war damals genau 21 Jahre alt, wo das passiert ist. Das war 1942.
Am l. Mai wurde er verhaftet, weil er zwei Flüchtlingen behilflich war, über die Grenze nach der Slowakei zu kommen. Und die haben wir dann später in Auschwitz kennengelernt, aber ich kann mir vorstellen unter den Bedingungen, wo sie meinen Bruder verraten haben.
So habe ich mich mit diesem Herrn Weiß angefreundet. Er hat mir Medikamente besorgt, speziell für meinen Bruder, der öfters krank war. Wir hatten alle Phlegmonen usw. gehabt.
Und es war fast ein Wunder. Eines schönen Tages bekam ich eine Vorladung: "Häftling
Nr. 99727 nicht auf Kommando zu gehen, sondern melden - was weiß ich - um 9 Uhr oder 8 Uhr bei Professor Sowieso." Eswar mir klar, was das bedeutete: Das war für Versuche. Da lief ich schnell zu dem Herrn Weiß und fragte:
"Was ist das? "
Sagt er: "Ich hab‘ s dir geschickt. Ich hab ja nicht gewusst, dass du es bist. Ich hab nur gehört, so und soviel Jahrgang 25 zu Versuchszwecken für den Professor bereitzustellen und so hab ich dich davorgeladen."
Er nahm meine Karte, zerreißt sie.
Was er dann wirklich getan hat, ob das ein Glücksfall war und er einen anderen gezogen hat, ich weiß es nicht.
Ich glaube, dass ich ihm verdanke, dass ich der Kastrierung entgangen bin. Man hat Versuche für künstliche Befruchtung damals in Auschwitz gemacht. Auf jeden Fall hat man wahrscheinlich auch nachträglich die Leute, die für Versuchszwecke gedacht waren, getötet. Ich verdanke dem Herrn Weiß, sage ich immer, mein Leben und das Leben meiner Kinder. Und seit damals sind wir wirklich befreundet. Jetzt vor 19 Jahren hab ich ihn wieder nach vielen Jahren gesehen. Durch die Dubcek-Geschichte kam die ganze Familie, zwei Brüder und die Frau des einen, die auch mit uns in Mühldorf im Konzentrationslager war.
Und selbstverständlich war ich behilflich. Sie wohnten sechs Monate bei uns und jetzt haben sie einen der berühmtesten Reitställe und Rennstall. Sie sindin der vierten oder fünften Generation im Pferdehandel, in Pferdezucht und Landwirtschaft.
Wir waren in Auschwitz 9 Monate und dann kamen wir auf Transport nach Warschau und Warschau war ziemlich hart, aber immerhin gab‘ s in Warschau keine Gaskammer. Wir liquidierten sozusagen die Reste des Ghettos nach dem Aufstand. Ich hatte das Glück nur ein paar Tage auf einer Baustelle zu sein und kam nachher in die Schuhmacherwerkstatt. In Warschau hab ich Fleckfieber bekommen und nur dank meines Freundes habe ich überlebt.
Ich war sehr viele Wochen in einem Koma und habe nur phantasiert und habe das überlebt.
Aber die Kraft... Blut, sagt man, ist kein Wasser, aber ich muss sagen, ich glaube unser bester Freund, der heißt Josef Brammer. Er lebt noch heute in Ungarisch-Brod und wir haben ständig Kontakt mit ihm. Er war wie ein Bruder zu uns und ich glaub‘, wir auch zu ihm. Wir haben uns gegenseitig geholfen. Ich z.B. weil ich doch noch im Wachsen war, wurde vor Hunger ohnmächtig. Und er hat mir seine letzten - wie nennt man das - Brösel von seinem Brot in den Mund gestopft. Und dem Bruder Ernst, der nicht für die Deutschen arbeiten wollte und nicht leben wollte, der ungefähr nach drei Wochen Quarantäne in Birkenau so schwach war, dass wir waren auf einem Arbeitseinsatz... und man hat ihn weggenommen und durch eine Spritze getötet. Dieser Josef Brammer hat einen gepolsterten Mantel gehabt und er hat gesehen, dass er Schüttelfrost hat, hat er ausgezogen und ihm das gegeben. Und ich glaube, dass wir ihn seit damals betrachten wie einen dritten Bruder. Er besucht uns öfters, er war auch jetzt vor eineinhalb Jahren bei der Hochzeit meiner kleinen Tochter hier. Durch ein Wunder bekam er die Ausreise und so. Und er ist heute - er ist zwei, drei Jahre älter als ich, pensioniert in der Tschechoslowakei.
Ich glaube, der Transport, wo wir nach Warschau gegangen sind, da wurde ich ausgewählt ... man hat genommen nur Juden, die nicht aus Polen waren, damit sie sich nicht verständigen können mit den Polen. Und mein Bruder wurde nicht genommen, denn sie mussten ja das Hemd ausziehen und der Arzt kontrollierte, ob wir arbeitsfähig sind usw. Und da wurde mein Bruder nicht genommen. Und da hat er sich gemeldet mein Bruder, bei dem Arzt, beim Kommandanten schon angezogen und fragte ihn: Kommandant, Häftling 99727 möchte gerne auf Transport gehen. Ich hab nur meinen einen Bruder und so... Da sagte der Arzt, der hatte ja Hunderte gesehen.
Sagt er: "Sie haben doch hier oben eine Narbe von einer Operation.”
Sagt er: "Ja, aber die ist ja schon am Verheilen und ich bin gut.. und da hat er gesagt: "Gut! Transport!"
Das heißt, es gab auch unter den SS-Ärzten usw. hier und da menschliche Augenblicke. Und ich glaube, dass dieser Arzt sehr korrekt war. Der hat uns öfters selektiert. Da mussten wir immer antreten zum Appell und da wurden die sogenannten Muselmänner aussortiert und die gingen nicht auf Kommando. Die schickte man ins Gas oder ins Revier, wo man sie mit Phenol abspritzt.
Darüber kann dann der Jan Weiss sehr viel erzählen weil er im Revier gearbeitet nat. Er war Zahntechniker und wo ich ihn kennengelernt hab, war der weiße Hose und weißes Hemd. Da hab ich geglaubt, das ist ein Arzt Und so hat sich dann.. hab ich auch erzählt... Freundschaft entwickelt.
Warschau - Transport - bis Kutno zu Fuß. Ich weiß nicht genau, ich habe das so in Erinnerung, dass viele umgekommen sind, weil wir, glaub ich 8000 Häftlinge waren und nur 200 SS-Leute. Die hatten ein bisschen Angst vor uns und wenn man sich bückte, um einen Schluck Wasser aus einer Lache zu trinken oder was wurde man erschossen. Und man sagte: Fluchtversuch
In Kutno verlud man uns in Waggons. 45 plus 45 auf je auf einer Seite eines Viehwaggons. In der Mitte blieb Platz so breit wie die Türe für zwei SS-Leute.
Und was da sich abgespielt hat in den Waggons, das ist unbeschreiblich. Es gab Leute, die gaben... rissen sich Goldzähne raus und gaben für Urin, um etwas zu trinken zu haben. Wir bekamen Salzkonserven zu essen und nichts zu trinken und solche Sachen.
Für mich war Dachau ein Sanatorium, sauber, fast ein Paradies nach dem, was wir vorher mitgemacht haben.
In Dachau angekommen, wurde sogar die SS degradiert, weil man damals noch Arbeitskräfte brauchte und weil sie so viele unterwegs vernichtet haben.
Nach einer weiteren Quarantäne, ich weiß nicht, ob es drei oder vier Wochen in Dachau waren, wurden wir in kleine Lageraußenkommandos eingeteilt und ich kam nach Allach und wir arbeiteten bei BMW, Sager und Werner. Wir mussten Zement tragen usw. und da hatte ich einen Kapo, der hieß Christl Knoll, ein Kommunist aus Nürnberg, der ein Mörder war.
1933 war der schon in Dachau und er war befreundet, mit dem späteren Kommandanten Weiß, mit dem er verschiedene Geschäfte getätigt hat.
Und dieser Christl Knoll, ein rothaariger, zäher, hat keine Angst gehabt vor ihm und hat immer gesagt: "Nach dem Krieg werde ich Bürgermeister vonNürnberg und dich werde ich als ersten hängen lassen, weil du mich zu dem und dem angestiftet hast."
Und das hat sich dieser "Weißnicht" gefallen lassen und hat ihn verfrachtet von Allach mit dreißig Mann für ein paar Tage Zement auszuladen in Waggons nach Mühldorf. Es war eine Abschiebung für immer. Mein Bruder verblieb in Allach und ich dort. Durch gute Beziehungen hat er das rausgekriegt, dass wir in Mühldorf sind, und er hat sich freiwillig auf einen Transport gemeldet. Er hat eine wunderbare Stelle gehabt in Allach: Die alten Häftlinge, die Überlebenden von Auschwitz wurden von den anderen Häftlingen ein bisschen bevorzugt. Er bekam gleich den Job als Kantinenschreiber.
Ich wurde sozusagen Kapo der Wäscherei. Da konnte man‘ s auch überleben. Er wurde in der Bekleidungswerkstätte beschäftigt, bekam leider dort Typhus und hat, wie man sagt, sehr viel Glück gehabt, das zu überstehen.
Ich habe versucht, ihm Nachrichten zukommen zu lassen, wo ich bin. Ich weiß nicht ob er die je... ob er's erreicht hat. Auf jeden Fall war ich sehr glücklich darüber, wie ich gesehen habe, dass ein Transport kommt und mein Bruder war dabei. Und sicher dadurch hat er sofort diesen guter Posten gekriegt im Warmen, in der Bekleidungswerkstätte und wir konnten da weiter überleben.
Nein. Ich war einmal dort. Einmal war ich... ein oder zwei Tage war ich dort. Ehrlich gesagt, wo ich jetzt nach so vielen Jahren das erste Mal wieder dort war, ist mir das ganze Bild abgelaufen und ich hab mir das so vorgestellt: So sah es aus in Ägypten, wo die Juden an den Pyramiden als Sklaven gearbeitet haben. So hat das dort ausgesehen. Ein Leben war dort und heute ist das wie eine Ruine. Aber ich war nur ein zwei Tage auf diesem Kommando. Ich weiß nicht gleich von Anfang an, dann kam ich in diese Wäscherei. Und die Wäscherei war eine Art Schutz für alte Häftlinge die nicht mehr auf der Baustelle arbeiten konnten, haben wir da untergebracht und geschützt.
Wenn der Eberle, hieß der glaub ich, der Lagerkommandant gekommen ist, war ich der einzige, glaub ich, der viel Wasser vergossen hat, dass er sieht, dass hier fleißig gearbeitet wird.Und die alten Häftlinge, die krank usw. waren, haben begonnen im letzter Moment bevor er die Waschküche betreten hat, etwas zu machen.
Wir haben nicht nur Häftlings-Wäsche gewaschen, wir haben auch SS-Wäsche gewaschen, da es sehr viele Läuse und Flecktyphus gab. Wir mussten da ein bisschen dafür sorgen ...
Die Wäscherei war ein Vorteil. Das war leichter als Zement zu tragen oder Steine und alles auf einer Baustelle.
Nun ich persönlich habe gehabt eine Ausnahmestelle, dass ich auch in der Wäscherei wohnen durfte. Alle anderen mussten zurück am Block Ich war gleichzeitig nicht nur der Kapo, ich war auch der Nachtwächter. Und ich glaube, sechs Uhr früh war Appell ganz genau weiß ich das nicht mehr und das war fast in allen Lagern so. Oder vielleicht um halb sechs aufstehen, um sechs Uhr Appell und dann um halb sieben oder was ausrücken aufs Kommando.
Man hat sehr viele Stunden am Tag arbeitet müssen.
Ich weiß nicht genau mehr.. mein Bruder kann sich da viel besser erinnern, ich weiß nicht, worauf das zurückzuführen ist. Der weiß die Daten und der weiß die Stunden und der weiß alles sehr genau wie es war. Er war ja sechs Jahre älter zwischen uns waren ja der Erich und der Ernst unsere zwei Brüder.
Ich war nur immer sehr... wie soll ich sagen...von kleinauf sehr geschäftstüchtig. Das hat sich auch im Lager sehr zum Vorteil ausgewirkt. Ich konnte tauschen mit einem Küchenpersonal Schuhe gegen Brot, mit dem Revier und Krankenbaupersonal konnte ich gegen Medikamente und so hab ich versorgt viele Freunde und speziell meinen Bruder, wo er ein paar Mal im Krankenbau war, so dass er überlebt hat. Es war mehr würde ich sagen, ein Wunder.
Als Max in Auschwitz aus dem Spital kam, ging ich zu dem Oberkapo, der ein Berufsverbrecher war mit grünem Winkel und da hab ich ihm gesagt: "Mein Bruder kommt jetzt aus dem Revier raus. Können wir ihn nicht herbringen, er ist auch Schuhmacher."
Und das haben die sehr schnell gemerkt, dass er kein Schuhmacher ist. Ich hatte einen Kapo, der hieß Lipcak aus Schlesien, der hat mir ungefähr drei Monate lang Fünfe am Popo gegeben, weil ich nicht sechs paar Holzschuhe machen konnte. Ich hab drei paar für meinen Bruder gemacht und drei Paar für mich. Da hat er das mitbekommen.
Da hat er ihn rausgeworfen und so. ging ich wieder zu einem anderen Kapo der hieß Otto, auch ein Berufsverbrecher, glaub ich aus Hamburg stammend, das waren die sogenannten Reichsdeutschen, die waren bevorzugt nicht die haben eine grüner Winkel gehabt und hab ihn auch gebeten, meinen Bruder ...
Da kam er in eine Abteilung, wo man die Steppdecken auseinandergerissen hat und nach Gold gesucht hat. Das hat ihm geholfen und auch da hat man ihn dann raus und dann kam er ...
Ich weiß nicht, hat jemand etwas gesehen, dass sie nicht so gearbeitet haben, wie sie sollten... hat sie dieser Otto hereingeworfen in die Ledergerberei, das war eine große Fabrik. Da waren die Bekleidungswerkstätte, Schuhmacher usw. und da waren auch diese Riesenwasserbehälter, so in die Erde so mit schmutzigem dreckigem Wasser, da hat er die Häftlinge reingeworfen. Mit Müh’ und Not haben die sich da befreit und sind nicht ertrunken. Mein Bruder war so schwach und so...
Und das Gleiche begann dann auch in Mühldorf. Und ich hab dem Eberle erklärt ... hab ihm gesagt, dass ich zwei Brüder verloren habe usw., ob er ihm nicht einen Job geben kann, wo er eine Chance hat zu überleben. Und so bekam er diesen Job in der Bekleidungswerkstätte.
Da war auch ein Kapo, den wir schon vorher kannten aus einem anderen Lager, der Berzo Jedownik, der heute irgendwo in Kanada lebt.
Ich weiß nicht, ob der aus Majdanek kam einer war aus Preßburg und er hieß Löhr oder so ähnlich. Wir hatten eine Herrn Hollak, der heute in Australien lebt. Der hat gesagt: "Das war ein Gestapo-Spitzel und der hat mich verraten, weil ich auf falsche Papiere gelebt habe."
Der kam wirklich und bekam sofort einen Job eines Kapos Elektriker.
Da haben wir Sicherungen herausgeschraubt und haben gerufen einen Kapo Elektriker zur Reparatur.
Da haben wir ihn wirklich ein bisschen warm gemacht und da hat er geschrien, er wird uns denunzieren usw. und so weiter. Zur Sicherheit hab ich gemeldet dem Kommandanten, dass zwei SS-Hemden fehlen. Wir wollten doch nicht die Wahrheit sagen, warum wir ihn geschlagen haben und warum wir ihn ein bisschen heiß gebadet haben.
Und dann kam der Kommandant wegen der zwei Hemden und hat die ganze Wäscherei (30 Mann) aufstellen lassen und dieser Mann hat gesucht nach mir. Aber der Kapo wurde nicht mitgezählt.
"Kommando Wäscherei : 30 Mann”
Und die 30 Mann waren komplett und ich war nicht da. Und daraufhin erinnerte sich der Kommandant, dass ich gemeldet hab dass 2 SS-Hemden fehlen und dann hat man gerufen: ,,Kapo - Wäscherei!" durchs ganz Lager. Das musste weiter gerufen werden.
Ich war versteckt in einem griechischen Block. Ich hab‘ keine Wahl gehabt und musste gehen. Und wo ich gekommen bin hinein zum Kommandanten, da sagt der Spitzel: "Das ist er. Das ist er!”
Da hat Eberle eine Pistole herausgenommen.
Das war vielleicht ein Weg von möchte ich sagen, 600 Meter von der Wäscherei bis zu der Küche. Er hielt mir die Pistole hier am Genick und fragt mich, warum wir ihn geschlagen haben.
Da hab ich gesagt: "Weil er uns zwei Hemden gestohlen hat.”
Dreimal habe ich das wiederholt. Das hat er mich vielleicht einmal gefragt und kurz vor seinem Block hat er mich in einen Block reingeschickt und sagte zu mir: "Wir lieben den Verrat, aber wir hassen den Verräter!
Gute Arbeit geleistet der Wäscherei.
Ein Kessel Suppe für Kommando Wäscherei.”
Und dann ging ich nach der Suppe raus zu diesem Herrn Löhr ins Lager.
Sag ich: "Hör zu. Es scheint so, dass bald der Krieg zu Ende ist. Ich werde vielleicht nicht überleben, aber du auch nicht. Verräter haben kein Recht zu überleben.”
Eines schönen Tages, ich weiß nicht wie viele Tage danach, haben sie gerufen: Löhr ist tot! Löhr ist tot! Er hat sich selbst umgebracht. In der Waschanstalt hat er sich erhängt.”
Aber die Geschichte geht weiter. Ich treffe in Prag diesen Pollak, einen den er denunziert hat und der überlebt hat. Da sagt der:
,,Hör zu da kommen zwei, die glauben nicht, wie der Vater starb. Die Töchter von Löhr sind in Prag am Wenzelsplatz 1946/47 usw. Du, nimm eine auf die Seite, ich nehme die andere.”
Die Töchter haben gesagt: "Man hat gesagt, er hat für die Gestapo gearbeitet, das war nicht wahr usw.”
Aber etwas war sicher wahr dran, anders hätte er es nicht gemacht und hätte er es auch nicht ...
Da heb ich der einen gesagt: "Der hat sich aufgehängt und er hat der anderen gesagt: "Er hat sich aufgehängt." Die haben sich angeschaut und ohne Verabschiedung sind sie verschwunden. Das war das Ende der Geschichte des Denunzianten und der hat Hunderte Menschen ins Konzentrationslager gebracht. Wo niemand mehr verraten hat, hat man ihn genommen und hat ihm gesagt, man hat ihm versprochen, hat er vor dem Eberle und mir gesagt, dass man ihn gut behandeln werde und dass ihm nichts passiert, weil er so viel für die Gestapo gearbeitet hat. Dann wusste ich, dass er eine gerechte Strafe bekommen hat.
Ja, der Christl Knoll wurde auch nach dem Krieg in Dachau gehängt. Von den Amerikanern verurteilt. Der Christl Knoll bekam ein Kommando "100 Mann ausrücken" -, schon vor dem Krieg – "und mit der Hälfte zurückkommen." Und dann während des Krieges noch, waren russische Kriegsgefangene und er selbst hat sich beteiligt an ...
Er hat gesagt, wir müssen so und so viel umbringen und die restlichen können weiterleben. Da hat er die Häftlinge gegeneinander ausgespielt und da hat ein Kampf stattgefunden und er selbst hat einem Russen mit einem Beil das Bein abgehackt und der hat sich tot gestellt und man hat ihm nach Dachau zurückgebracht und die Ärzte und die Freunde haben ihn versteckt unter einem Boden unter dem Krankenbau und ernährt die ganze Zeit. Man hat geglaubt, der ist verbrannt und kremiert worden. Und der war der Hauptzeuge gegen Christl Knoll dann in Dachau. So habe ich das erfahren.
Christl Knoll ist in Dachau gehängt worden.
Der schlimmste als Junge war dieser sogenannte Umschmiss, der bei BMW arbeitet aber wurde verurteilt, glaub ich. Zu drei Jahren. Ich weiß nicht, der heißt Wieland oder wie. Er lebt in München. er kam aus Lublin oder aus Majdanek wie ich, nicht ungefähr mit 23 Jahren kam der nach Warschau. Man nannte ihn ,,Umschmiss" weil er alles umgekrempelt hat.
Ja das ist... da waren viele. Da waren Verbrecher. Die Volksdeutschen waren schlimmer als die Deutschen. Wir haben dort Jugoslawen gehabt und wir haben Österreicher gehabt und Sudetendeutsche und alle Möglichen unter der SS.
Diese Leute hat man nachher in SS-Uniformen gesteckt. Da waren Holländer. Viele waren so anständig zu uns, dass sie oft versetzt worden sind und so. Ich hab’ ein Beispiel, was mir passiert ist oder was ich erlebt habe.
Ich war in Warschau kurz auf einer Baustelle noch vor der Schuhmacherei oder danach, weiß ich auch nicht mehr. Das Kommando hieß Bauleitung Krakau. Und da waren 30 Mann. Und einer der Bewacher war ein sehr sympathischer Holländer, einer gab mir seiner Mantel, sein Gewehr und seine Mütze und ich unten die Häftlingsschuhe, so ein bisschen Stiefel hatte ich an, konnte man nicht sehen und ich habe gespielt den SS, und wenn der Kommandant oder jemand vorbeigekommen ist - ich konnte besser deutsch als der Holländer - habe ich gemeldet: Bauleitung Krakau 30 Mann. Wenn er gezählt hätte, hätte er gemerkt, dass einer fehlt. Und das hat immer wunderbar geklappt. Er ist zu seiner Freundin, hat uns Brot gebracht und zu essen und wir haben uns ganz gut durchgeschlagen.
Wir mussten Ziegeln putzen und verkaufen. Die Polen kamen rein. Und haben wir geladen 1000 anstatt 1200 und bekamen wir von den Polen immer ein bisschen was zu essen. Und dieser Holländer habe ich gehört , dass man nachher fast alle zum Tode verurteilt hat. und die kamen wirklich nicht aus eigenem Willen zu der SS. Und die waren hochanständig.
Ich hab vom Raupenschlepper alles gefahren, weil ich sehr mechanisch begabt war usw. Und ich habe dort gearbeitet als eine Art Vorarbeiter. Ich war auch als erster Vorarbeiter einen der ersten Tage auf der Baustelle in Warschau, wo wir abbrechen sollten die Reste der Häuser des Ghettos.
Und da haben wir in den Kellern gefunden verschimmelte Lebensmittel und Leichen und alles Mögliche. Aber wir haben uns da immer wieder sattgegessen. Denn das normale Essen war immer zu wenig. Einerseits brauchten sie die Arbeitskräfte und auf der anderen Seite haben sie so wenig zu essen gegeben. Und da fielen auch die Leute wie die Fliegen. Und speziell die Holländer, die das nicht gewohnt waren, so hart zu arbeiten, da haben nicht viele überlebt.
Eines werde ich nie vergessen. Ein Her Willi Korn, er stammte, glaube ich, aus Dresden und lebt heute in Düsseldorf oder in Spanien. Er hat einmal eine Decke unter dem Anzug herausgetragen. Die Polen haben alles gebraucht. Gegen die Decke konnte man ein Stück Brot haben. Und der bekam 50 auf den Po am Appellplatz. Mit dem Ochsenziemer. Ich war überzeugt, der Mann überlebt das nicht. Und der war so zäh, dass er das überlebt hat und es ist ihm nichts passiert. 25 war das Maximum normalerweise und bei 25 war man so gut wie halbtot danach, aber bei 50 war ein Wunder, wenn einer überlebt hat.
Ich habe in Warschau einen, der mindestens so groß war wie ich aufs Kommando mit herausgenommen,, weil er Angst gehabt im Block zu bleiben. Wer nicht ausgerückt ist auf ein Arbeitskommando, der wurde ins Spital geschickt und gespritzt oder vergast. Und deshalb hat er gebettelt wie ein Kind, dass ich ihn mitnehme und ich habe ihn auf dem Rücken getragen.
Es gibt einen Holländer, der behauptet, mein Bruder hätte ihm das Leben gerettet. Er war schwer krank , konnte nicht zum Appell aufstehen und mein Bruder hat in der Nachtschicht in Warschau gearbeitet in der Wäscherei. Als die Nachtschicht abgezählt wurde, musste er zum Appell und mein Bruder ging für ihn Appellstehen, für diesen Nico Engelsmann.
Ich glaube, dass ich und mein Bruder sehr viel zu verdanken haben, dass wir von der Kindheit zur Arbeit erzogen worden sind. Unser Vater war sehr streng und wir mussten helfen und mitarbeiten und das kam uns zugute.
"Ich bin überzeugt, dass nur ein kleiner Teil gewusst hat, was in den KZ passiert. Das war zu gut organisiert.
Ich kann mich erinnern, dass ein Lehrer, der im KZ war, ein tschechischer Lehrer, ich glaube er hieß Wusny aus Ungarisch Brod und zurückkam, kein Wort darüber gesprochen hat, was im KZ los war, weil er gesagt hat: "Das ist mein Tod." So bin ich überzeugt, dass das durch Terror und gute Organisation, wie die Deutschen immer alles gut organisieren, organisiert war, dass die Masse nicht genau gewusst hat was passiert. Man hat zum Beispiel gedroht mit "Kommst nach Dachau!" Aber die wussten auch nicht, was in Dachau los war. Aber man hat gedroht damit. Von Auschwitz und Birkenau wussten wir bis zum letzten Moment nicht... wir wussten bei der Abfahrt nicht ... man hat uns etwas von Schwefelgruben erzählt, wo man nicht überleben kann, aber wir haben bis zum Schluss gehofft, dass wir praktisch in ein Arbeitslager gehen und nicht in ein Vernichtungslager und in die Gaskammer.
(in Bezug auf die Schrift am Tor von Auschwitz:)
Arbeit macht frei - durch Krematorium Nr.3.
Ich glaube, ich verdanke einem Häftling das Leben. Ich bekam ein Sakko mit zu kurzen Ärmeln. Ich war ziemlich groß und schlank, 183 cm und ich bekam eins für einen mit 150 cm. Und da habe ich ersucht, ob er mir’s nicht tauschen kann. Ich hatte gehört, wie er slowakisch sprach. Der gab mir so eins über den Kopf, dass ich Punkte gesehen habe und wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung gehabt habe. Es ist mir alles vorgekommen wie ein Traum. Gar nicht so schlimm. Mein Bruder und Freunde wollten praktisch schon die ersten tage in die elektrischen Drähte gehen. Dieser Schlag., glaube ich, hat mir alles erleichtert, dass ich alles leichter verdaut habe.
Den Anfang, speziell den Anfang, der das Schlimmste war. Die sechs Wochen Birkenau waren eine .... Hölle. Es kamen an damals aus Byalistok, aus Pruszana, aus Theresienstadt, ich weiß nicht, wie viel Tausende ankamen und man lieb ungefähr ... pro Tausend hat man 100 leben lassen. Und von den l00 haben wir ungefähr überlebt 35 Gas Birkenau. 35‑36. Und die haben rast alle überlebt nachher. Weil das war schon nicht zum Umbringen. Und ich glaube auch, dass das der Grund ein bisschen von den deutschen war. Alles konnten sie, nicht in die Gaskammer und sie haben Arbeitskräfte gebraucht. Wer diese sechs Wochen überlebt hat, der war dann nützlich für sie.
Ja., ich glaube., ich habe selbstverständlich Hunderte Vorfälle und Geschichten und alles, die ich dort erlebt habe.
Ich habe alles gemacht. Ich hab von Allach z.B. Leichen transportiert nach Dachau, im Winter am Schlitten, im Sommer auf dem Wagen.
Für mich war das so ein bisschen fast ein Ausflug in die Freiheit. Wir gingen, SS mit der Waffe, und wir haben gezogen. Ich hab mich mehr oder weniger oft dazu freiwillig gemeldet.
In Allach war ich, dieser Knoll war mein Kapo und da haben wir gearbeitet in einem Ausweichgeleise in Allach für die BMW. Und ich der stellvertretende Kapo von Knoll. Und ich habe versucht, da war fast eine ganze Gemeinde, mit Rabbiner, aus Rumänien, aus Krasno, die wussten jeden Tag, wann Feiertag sind und unser größter Feiertag
Jom Kippur, ich glaub, das hat mir ein bisschen den Glauben zurückgegeben an Gott. Die haben da, es war kalt, da haben die gebetet den ganzen Tag, und gefastet, trotzdem wir gehungert haben Ich hab immer Wache gestanden und wenn der SS‑Mann gekommen ist, haben wir Mokok gerufen und so. Und ich wusste, dass da zwei Brüder waren, ein David und ein Josef Liebermann. Und ich hab noch nach dem Krieg ... nach dem Krieg hab ich von denen gehört ... und ich hab über herumgefragt: Kennst du zufällig Josef und David Liebermann? Da in Amerika und alles. Und jetzt erst, nach 40 Jahren, sind das 40 Jahre?das war 1944 ... 42 Jahre ... ist es mir gelungen, zu finden den Josef Liebermann. In einer kleinen Vorort bei New York habe ich den getroffen.
Und wie er erfahren hat.... ich hab das per Zufall, ich hab gesucht einen anderen Liebermann, von einer Verwandten von uns, stellte sich heraus, dass ihr Vater und dieser Liebermann Cousins sind und da kam ich da hin, das ist in .... Jeanette wie heißt das da? Das Quartier Brooklyn, aber das heißt noch anders... Boro‑Park, wo ich gefunden hab, wo die ganze Gemeinde, die da in Lager war, zusammenlebt. Der Rabbiner starb, der auch mit uns in Lager war und es waren da ... er hat vier Söhne und vier Töchter. Alle waren da, zum Teil alle schon verheiratet und der letzte heiratete ein .... . Und wie ich da
hereinkam, und da hat er mich vorgestellt, sagt er: "Dem verdankt ihr euer Leben. Zeigt er auf mich. Dann hat mir auch nachher einen Silberbecher geschenkt, weil ich ein Lebensretter bin usw.
Er sagt, wenn ich nicht wäre, hätten sie nie überlebt. Ich war damals schon ... ja, ja., ich war 19, 19 Jahre war ich alt und er war vielleicht 16 Jahre alt, da in Allach, Und ich hab für die gesorgt.. dass sie ... wenn schlechtes Wetter, dass sie ein bisschen unterstehen können und dass sie ein bisschen mehr Essen kriegen usw. Und das hab ich alles erreicht.. praktisch durch diesen Knoll, weil der bei mir dass gleiche gesagt hat, was der Pole in Auschwitz gesagt hat: "Du bist ein Wunderjude, dich kann ich nicht umbringen." Er hat mir ungefähr 4 Monate jeden Tag 5 auf den Popo gegeben. Mein Popo war hart wie Stein., fast., wie, wie ... fast schwarz. Und so hab ich mich dran gewöhnt, so dass ich ihm ins Gesicht fast gelacht hab und gesagt hab: "Geben Sie mir, Herr Meister, ein Stückchen Brot und Sie dürfen mir noch Fünfe geben!" Da hat er zu mir auch gesagt: "Du bist ein Wunderjude". Und dann wurde ich sein sogenannter Kalfaktor. Das ist Essen und Trinken in Hülle und Fülle, weil diese Kapos alles genügend gehabt haben. Und der Knoll möchte ich noch dazusagen, der wusste ... zu mir hat er gesagt; dass man ihn nach dem Krieg aufhängen wird, aber zu den SS‑Leuten ... Da war ein SS‑Führer, ein Scharführer, ich glaub der hieß Haupt, oder wie, dort in Allach war der. Zu dem hat er gesagt: "Dich werde ich auch hängen" weil er nicht pariert hat, wie der Kapo wollte.
In Auschwitz hab ich Gott verloren. Meine Mutter war so fromm, so anständig, das kann man sich nicht vorstellen. Würde vielleicht jedes Kind von der Mutter sagen, aber das war eine Ausnahme, würde ich sagen. Sie, der Vater, wir waren, - wie soll ich sagen - nicht orthodox aber meine Mutter war sehr gläubig, aber da 5 Kinder zu ernähren waren und die Zeiten nicht leicht waren, saß sie zuhause und hat zuhause gebetet und wenn ein Kunde kam, etwas holen, dann ging sie ins Lager und gab's ihm und nicht so heuchlerisch oder so etwas und diese Mutter mit 49 Jahren ...
Vergast.
Manchmal habe ich mich gefragt: Wo bleibt Gott? Wo ist Gott? Und ich hatte große Problem damals. Ich versuche so anständig als möglich zu sein. Ich versuche Menschen zu helfen. Das ist meine Frömmigkeit., aber ich begreife es bis heute nicht. Und doch glaube ich an etwas. Ich habe meinen Kindern - wie man sagt - aus Tradition ein jüdisches Haus - wie man sagt – vorgelebt -, auch wenn es nicht immer meiner Überzeugung entsprach und den Kindern das mitzugeben, weil ich glaube, der Glaube, den wir von der Mutter her hatten, hat uns geholfen zu überleben .
Ich war ja nicht im Waldlager, ich war in diesem Hauptlager hier. Ich war in dem Waldlager. Nur jetzt, das erste Mal hab ich das überhaupt gesehen und da hab ich oft., wenn Transporte gegangen sind, ich weiß nicht wohin, da ist einer in Australien, den hab ich in der Wäscherei unter der nassen Wäsche versteck. Vor was? Vor dem Transport. Auf Transport zu gehen, man wusste nicht, ist das Gaskammer oder ist das ein besseres Lager oder was.
Dann ein Transport zurück nach Auschwitz zusammengestellt wurde. Da hab ich einen jungen, sehr jungen Burschen, mit 16/17 Jahre " - ich bin nicht sicher, ob er Friedmann hieß - auf jeden Fall nach dem Krieg hat er mir empfohlen, für mich wäre Australien etwas, aus Dank möchte er mir die Reise bezahlen und alles, dass ich in das Leben gerettet habe. Da ist nur Pferdezucht und Sport und keine Politik und ein schönes Land. Und ich hab dann - ich weiß nicht , wie ich den Kontakt zu ihm verloren habe. Das haben wir öfters versucht, aber das Schlimme war, wenn die 1000 Mann Transport gehen sollte, oder 500 Mann und einer gefehlt hat, haben die den erstbesten erwischt und haben ihn mitgeschickt auf Transport. Ohne dass er dazu bestimmt war.
Man hat mal den Bahnhof bombardiert, stimmt das? Wann war das ?(19.März) und da ging ich mit auf Kommando Aufräumungsarbeit und ich war nur in Mühldorf das eine Mal und einmal auch in Freimann, München‑Freimann, da wurde der Bahnhof bombardiert und da gingen wir auch aufräumen. Und da haben wir uns erst einmal vollgegessen. Da waren Säcke zerrissen von den Bomben und da haben wir sehr viel Zucker gegessen. Und das, das bleibt einem in Erinnerung.
Die Leute, die haben eher weggeschaut,. Die haben Angst gehabt, mit uns Kontakt aufzunehmen. Es gab hier und da Leute, die ein Stück Brot geworfen haben oder etwas. Wir, die wir nach Auschwitz gefahren sind, haben wir gesehen Arbeiter mit dem Stern usw. oder mit Binde oder was, wir haben rausgeworfen Brot. Ich kann mich erinnern, meine Mutter hat uns gegeben Brot mit künstlichem Honig und das hat mir gar nicht geschmeckt, da hab ich das auch den Arbeitern zugeworfen. Da hab ich nicht verstanden, dass sich 10 Arbeiter auf das Stück Brot geworfen haben. Das konnten wir nur alles später begreifen.
Noch vor der Befreiung von Mühldorf gingen wir auf Transport, auf Transport zur Erschießung und wurden von den Amerikanern bei Tutzing, Feldafing in der Gegend von Seeshaupt – ich weiß die Stelle noch ganz genau, denn wir haben die Stelle wie zu einer Pilgerfahrt öfter besucht – befreit.
Mühldorf ... was soll ich sagen?
Man hatte uns als Militärtransport gekennzeichnet und deshalb wurden wir unterwegs von amerikanischen Tieffliegern angegriffen und viele sind noch ein paar Stunden vor der Befreiung erschossen oder verletzt worden.
Wir haben Fotos, wo wir nach dem Krieg fotografiert waren. usw. Sicher, in vielen Sachen sind wir gealtert, vielleicht nicht äußerlich. Aber.. . ich bin herausgekommen... nach meinem Typhus hab ich noch 45 Kilo gewogen.
Können Sie sich das vorstellen?
Haut und Knochen. Aber ich hab mich dann ziemIich schnell erholt. Ich würde sagen.. Ich habe in einem Jahr 50 Kilo zugenommen, von 45 bis 46 sagen wir 45 raus und 46 hatte ich 95 Kilo gewogen und das hab ich praktisch gehalten bis 1956, bis zu meiner Heirat. Und nachher hat meine Frau so gut gekocht, dass ich noch ein bisschen zugenommen hab’.
Nach dem Krieg war ich ein paar Wochen in Feldafing. Dann fuhren wir nach Hause, wieder in die Heimatstadt und da begann ich wieder mein Hobby: Autos.
Da hab ich mit Autos gehandelt, Autos aus der amerikanischen Zone verfrachtet in die russische Zone. In der russischen Zone haben die Russen alles was getickt hat und was einen Motor gehabt hat, mitgenommen und in der amerikanischen Zone haben die Amerikaner die tschechischen Autos nicht einmal angeschaut. Das war wieder mein Start. Und 48, wie ich geflohen bin, oder ich wurde assentiert zu der Armee, mit 21, da habe ich mir dann Existenzurlaub erkauft und habe in München dann begonnen diese Likörfabrik.
Und 1951 eröffnete ich per Zufall die erste Kunsthandlung mit einem Partner. Nach einem Jahr hatten wir drei Geschäfte in München. Wir waren sehr fleißig und wir haben sehr viel Glück gehabt.
In Birkenau, in den ersten sechs Wochen, ich träumte jede Nacht den gleichen Traum. Ich wusste von der Schweiz nur soviel, dass sie sauber ist, das sie Schokolade hat, Käse und Uhren. Ich wusste von Genf, ich wusste von Locarno, nichts von Zürich. Aber ich kannte einen, wo mein Vater Käse bezogen hat, einen Käser in der Nähe bei Neutitschein in Kunewald. Das war so appetitlich, so sauber alles und wir haben dort den Schweizer Käse bezogen, mussten wir nicht aus der Schweiz holen, weil er ja genau nach dem gleichen Rezept über Käse hergestellt hat, Und ich glaube, das war der Wunsch in die neutrale Schweiz zu laufen und kurz vor der Grenze weckten mich immer die Hunde der SS und ich war schweißgebadet...
Und diesen Traum glaube ich, habe ich jeden Tag geträumt. Immer den gleichen. So glaube ich fast, dass im Unterbewusstsein mein Traum Wirklichkeit wurde, dass ich in die Schweiz durch Heirat kam. Und ich habe jetzt hier wieder - wie man sagt - ein Zuhause gefunden. Ich war nach 38 Jahren jetzt zum ersten Mal zuhause in der Tschechoslowakei. Ich war nur in Theresienstadt, wo unser Leidensweg begann und in Prag und... nur für drei Tage. Und meine Frau sagt, das schönste, was du sagtest am Sonntagfrüh, sagt sie: "Bin ich froh, dass ich jetzt nach Hause fahr’."
Ich sprach hier von "Zuhause" nur von der Tschechoslowakei und nach 38 Jahren habe ich im Unterbewusstsein meine Meinung geändert.
Prag, die Stadt ist wunderschön, aber das Regime ... und was ich da erlebt habe.
Ich habe KZ-Freunde getroffen, die mir sprachen auf der Straße ins Ohr, um niemand... dass niemand mithört. Ich rief an einen Freund, einen Schulfreund in meiner Heimatstadt. Da sagte... da unterbrach mich die Telefonistin... Er fragte: Wer ist am Apparat? Sag ich: Ein alter Schulfreund, selbstverständlich in meiner Muttersprache, in tschechisch. Plötzlich unterbrach das Telefon.... nach 2Minuten läutet es und sagt die Telefonistin vom Hotel: Möchten Sie noch sprechen mit ihrem Schulfreund. Ehrlich gesagt, habe ich mich dort ähnlich gefühlt wie im Konzentrationslager.
D.h. Es ist ein bisschen freier, ... der Einmarsch und der Ausmarsch aus dem Lager war immer gefährlich. Drinnen im Lager haben wir uns schon ziemlich sicher gefühlt. So ähnlich habe ich mich jetzt in Prag gefühlt.
Keiner hat mich nach Hause eingeladen, alle haben Angst gehabt. Und dass ich das Visum bekam, war überhaupt ein Wunder, würde ich sagen. Es war eine Gruppe, von Juden vom - Zentralrat der Juden heißt es in Deutschland -, in der Schweiz heißt das der Gemeindebund der Juden der Schweiz. Da war ich der einzige, wie man sagt, das schwarze Schaf, das die tschechische Staatsbürgerschaft hatte und ich hab sie nie löschen lassen und will es auch nicht. Mein Vater hat sehr viel dafür getan, um sie zu bekommen und ich finde: Ich bin dort geboren und...
Ich war inzwischen staatenlos und ich war den Deutschen gleichgestellt sogenannter Sudetendeutscher und bin Gott sei Dank seit 12 Jahren schon Schweizer und bin. wie man sagt, sehr gerne hier und fühle mich hier sehr gut.
In der Schweiz fühle ich mich viel sicherer als in Deutschland. Ich habe in Deutschland ständig gepackte Koffer gehabt. Das war für mich nur ein Sprungbrett irgendwohin. Ich war immer in Untermiete. Das letzte Zimmer hab ich in Milbertshofen bei einer sehr netten Dame ein paar Jahre gehabt. Ich war ja in München von 1948 bis 1957. Zur Geburt meiner ersten Tochter kam ich hierher, da hab ich mich hier angemeldet.Auch die haben mich nicht so mit offenen Händen empfangen, trotzdem ich mit einer Schweizerin war, wurde ich ausgewiesen. Sie brauchen keine Kunsthändler. Kunsthändler haben wir genügend und nachher durch Beziehungen und ein Verwandter, der heute der Präsident der Gemeinde ist, Dr. Sigi Feigl hat wir ermöglicht einen Aufenthalt, Verbleib bei der Ehefrau und Handel mit Kunstgegenständen aus Porzellan. Das ist ungefähr, wie wenn ein Bäcker nur Kipfel backen kann und kein Brot und nichts anderes. Und handeln hauptsächlich im Ausland, Steuern in der Schweiz und so.
Aber das hat sich dann .. nach der Niederlassung... nach ungefähr 12 Jahren ist das aufgehoben worden und nach ca. 17 Jahren bin ich Schweizer geworden. Hier bin ich selbständig und Kunsthändler und - wie man sagt - sogenannter Experte für antike Uhren weltweit. Ich berate Museen, kaufe ein für Museen usw. und meine Kunden sind vom Schweizer Nationalmuseum bis nach Washington, Bayerisches Nationalmuseum, Württembergisches Landesmuseum in Stuttgart, Badisches Landesmuseum in Karlsruhe und weltweit überall.
Ich glaube, dass das die Hauptschuldigen sind. Die waren auch diejenigen, die den Staat finanziert haben nicht, um das überhaupt zu ermöglichen und die haben’s auch gemacht, um Geld zu verdienen.
Und dabei sind die am wenigsten gestraft worden. Und haben diese Sache mit dem Einsatz von KZ‑Häftlingen noch gefördert und unterstützt.
Aber, muss man wieder sagen, wenn die das nicht wären, dann wären wir wahrscheinlich alle ins Gas gegangen. So hat ein Teil überleben können, weil sie bei diesen Firmen beschäftigt waren. Nicht die Buna‑Werke bei Auschwitz. Die IG‑Farben .
Es gab solche Orte, wo man gearbeitet hat, dass die auch die Häftlinge ein bisschen menschlich behandelt haben.
Also ich war, glaub ich, einer, der das am besten verdaut hat. Es war vor ein paar Jahren ein Interview hier in einer Zeitung und da war geschrieben über mich, als der, der das überbrückt hat und über den, der ständig noch darunter leidet und lebt von der Sozialhilfe, der sich nicht davon erholen konnte....
Es ist noch interessant, warum und ich glaube, ich verdanke . . . dass ich noch so jung war. Ich hab das damals gar nicht so genau mitbekommen, wie die, die älter waren.
Von 13 bis 17 war eine Spanne die ... man vieles gehört hat usw., aber das konnte man überleben.
Ich habe geschwitzt., ich habe geträumt., ich habe das fort ... jahrelang habe ich gebraucht., um davon Abstand zu nehmen. Und deswegen... und ich wollte die Kinder damit gar nicht belasten usw. und wenn man mich gefragt hat, habe ich immer geantwortet. Aber die Kinder haben nicht gefragt und die haben auch gewusst vielleicht, dass das in mir wieder etwas aufwühlt., das ich nicht gerne ... Das war’s vielleicht. Eine Tochter, ich glaube dass es die mittlere ist, die sehr darüber viel nachdenkt und das sie sehr beschäftigt. Die älteste, die hat schon drei Kinder und meiner Ansicht nach haben die Kinder alle ein bisschen was mitbekommen. Und ich hoffe, dass das nicht später eine Folge haben wird.
Ich habe Freunde oder Bekannte, wenn ich mit denen zusammenkomme, die über nichts Anderes sprechen, wie über das Konzentrationslager.
Ich bin da nicht so happy darüber, aber ich finde .... wenn jemand das jemandem erzählt, der das nicht weiß, der es weiterverbreitet, dass es nicht in Vergessenheit... Ja, aber warum sollen wir uns immer wieder an diese schreckliche Zeit erinnern? Ich hoffe, dass es nie mehr wieder passiert. das ist eins.
Ich würde sagen, dort im Konzentrationslager haben wir an Rache gedacht Und haben nur wollen leben, um uns zu rächen Aber wo wir draußen waren, kam ich zu dem Entschluss, oder ich weiß nicht wie man das im Deutschen sagt, dass ich dem größten Feind nicht das wünsche, was ich mitgemacht habe und hab versucht, nicht Rache zu üben, sondern das Gegenteil dafür zu kämpfen, dass das nicht wieder vorkommt.
Man muss ... man kann gar nicht genug darüber sprechen, wer will es hören? Das ist das Problem. Wenn die meisten sagen, es hat ja gar nicht stattgefunden. Das ist diese sogenannte Auschwitzlüge usw. Es gibt noch immer Leute. . . Ein Fall ist in Lausanne passiert: Eine Lehrerin oder was hat erklärt in der Schule oder vor den Schülern, dass das nicht wahr ist. Dass man vielleicht ein paar Juden umgebracht hat, aber dass es keine Gaskammern gab. Wie ist s möglich? Sie wurde beurlaubt oder suspendiert, passieren tut ihr ja nichts.....
Nun das Wichtigste ist, dass ich der ganzen Welt nur Frieden und nicht Hass wünsche. Und dass die Menschheit daraus etwas lernt, was da passiert ist. Das ist das, was ich mir wünsche.
Vor kurzem ging ich in ein Kino: Die letzte... ich weiß nicht den deutschen Titel...Die letzte Entscheidung von Arthur Kohn. Ein Film aus Originalfilmen geschnitten. Und ich ging rein, nur weil es für wohltätige Zwecke war. Ich bezahlte, ging hinein ohne mir zu überlegen, was ich da sehen werde. Und beim Hinausgehen fragt mich einer: "Sie müssen das wissen. Sie waren doch dort. Wie war es?”
Sag ich: "Jetzt verstehe ich, warum ich versuche, 16 Stunden am Tag zu arbeiten, um an das nicht denken zu müssen."
Und Sie wissen: Jetzt bin ich Vater von drei Töchtern und schon drei Enkeltöchtern. Ich habe versucht, meine Kinder, solange sie Kinder waren, davon fernzuhalten, nichts zu erzählen. Aber später kamen die Fragen und ich hab nur immer gesagt; Ich wünsche meinem größtem Feind nicht das mitzumachen, was wir mitgemacht haben und was man uns angetan hat. Man muss immer daran erinnern, damit das nicht in Vergessenheit gerät. Weil die Menschheit lernt leider nichts dazu. Es passieren immer wieder ähnliche Sachen in der Welt.