Für das Erinnern
Es war im Jahre 1944, im Herbst. Die Bahnverbindungen, die waren sehr schlecht, da haben wir dann alles mit dem Rad abgewickelt. Und damals war ich in der Volksbank in Ampfing droben dienstverpflichtet. Und da bin ich an einem Herbsttag am Montag oder Dienstag die jetzige alte B12 naufgfahr’n. Da kommt man da bei dem Bahnwärterübergang, bei dem Gleisübergang bei dem Bahnwärterhaus, bei den Schranken vorbei. Da habe ich das erste Mal gesehen, dass da im Nebel einige Leute laufen. Und wie ich dann weiter vor gekommen bin, dann habe ich gemerkt, dass das eine ganze Kolonne war und dass das eine endlose Kolonne war.
In der Mitte dieses Zuges war ein Wachsoldat und dann vorweg waren zwei. Da habe ich mir gedacht: Was ist das? Wer ist das? Die haben alle gestreifte Anzüge angehabt ...
Keine Ahnung.
Am zweiten Tag war’s wieder so und da haben wir beim Berghammer auf der Post in Ampfing gegessen und da habe ich die Frau Berghammer gefragt: Hab ich gesagt, Frau Berghammer, mir sind heut und gestern Menschen begegnet, die mit so Anzügen... Wer ist das? Was bedeutet das? Da hat sie mir geantwortet: Fräulein Boch, das weiß ich nicht, aber man munkelt es sind Juden und die kommen in die Sprengchemie. Ja, und dann habe ich mir das noch acht Tage angeschaut und dann habe ich gemerkt, dass die schlechter ausschauen und schlechter ausschauen und Kinder dabei ...
Und nach 10 Tagen so was bin ich dann heim, und dann habe ich mir einen Papiersack geholt, habe altes Brot, Kartoffeln und so weiter hinten auf meinen Gepäckträger nauf , zwei so Säcke, habe mir noch Bretter naufgelegt, vorn habe ich meinen HJ‑Wimpel gehabt. Dann habe ich ein Taschenmesser dabeigehabt, da habe ich das schnell aufgeschnitten, beim Posten vorbei ... Heil Hitler ... und weg war ich.
Dann wieder einige Tage später habe ich gemerkt, dass hinten immer andere sind, meistens vorwiegend ältere Frauen, ältere Männer und die Kinder. Scheinbar haben die sich da aufstellen können, so wie sie wollen haben. Ja, und so habe ich das gemacht.
Und dann... wenn’s geregnet hat, dann waren wir natürlich auch auf der Straße, aber das war dann ein Problem, dass man das dann einigermaßen trocken hinkriegt. Und dann haben wir so kleine Säckchen gemacht, dann haben wir’s, dann habe ich sie weggeschmissen ... und so habe ich das gemacht, so lange ich da gefahren bin. Passiert ist mir nichts. Warum, das weiß ich nicht. Meine Mutter daheim hat jedes Mal gezittert.