Für das Erinnern
J. G.: Verzeihen Sie die Fehler, wenn ich die deutsche Sprache manchmal nicht ganz perfekt übersetze! Es wird nicht davon abhängen. Ich hoffe, worüber ich reden will, vielleicht interessiert Sie das. Also, Sie haben gehört über mich, wer ich bin, was ich bin.
Ich war 18 Jahre alt, also bin ich 84 jetzt. Und mit 18 war ich im Waldlager V, das Sie kennen, ich weiß Bescheid.
Also, wie ein ungarischer Bürgerknabe - ich war Kind einer Bürgerfamilie, einziger Sohn - wie er hierher kommt! Wie das damals war, davon schreiben selbst die Historiker wenig. Das ist eine Privatfrage! Und mit der Entscheidung, dass ich nicht in Ungarn mein Glück versuche, ich werde das Detail sagen, was ich unter „Glück“ meine. Und doch nach Deutschland gehe, bewusst nach Deutschland gehe, ohne zu wissen, was ein Konzentrationslager, was ein Vernichtungslager ist, wie das geschah.
Das war die erste Entscheidung und von dieser Entscheidung ab kamen fast in jeder Sekunde oder jeder Minute Entscheidungen und die musste man richtig treffen, damit man am Leben bleibt! Und das ist mir gelungen mit viel, viel Glück und verschiedenen anderen Ereignissen. Ich konnte wählen 19 ... etwas ist Geschichte: also, 1944, 19. März, kamen die Deutschen so nach Ungarn. Sie waren schon dort, aber sie kamen jetzt so nach Ungarn, damit sie die ungarische Hilfe am Krieg etwas forcierter genießen und die ... verschiedene Experimente zum Herausbringen vom Krieg, die verhindern.
Damals wurden wir zum Arbeitseinsatz einberufen, die 18jährigen, und das war normal. Normal zu Essen, normale Arbeit, normal etwas grobe Behandlung etc. Aber am 15. Oktober 1944 meinte Horthy, der Ungarn führte, dass zum Experiment die Zeit hier ist und er wollte es versuchen, den Krieg beenden. Und dann übernahmen die Macht in einer Nacht die Pfeilkreuzler, natürlich mit deutscher Hilfe. Und die Pfeilkreuzler begannen auch die Jugend und auch die älteren ... erstens die Arbeitseinsatz ab nach Wien, also nach Deutschland zu treiben.
Wir machten den Weg zu Fuß und so kam ich ins Waldlager.
Aber warum, was war hier die Entscheidung? Ich konnte mich entscheiden, dass ich mich verstecke. Ein Versteck in Budapest, das wäre möglich gewesen, aber ich hatte viel mehr Angst davon gehabt in einem Winkel, wie ich dort ziehn, oder in einem Schrank, alles gab dazu Exemplar, example, dass einer sich im Schrank versteckt hatte, oder in einem Winkel. Und die Nerven, meine Nerven waren so, dass ich nicht wollte. Ich hätte das nicht aushalten können, monatelang, weil wir wussten im Oktober 44, dass es noch monatelang dauern wird. Wir haben gewusst, dass der Krieg von den Alliierten gewonnen ist, aber es dauert noch monatelang, und ich wollte mich nicht verstecken. Ich habe auch kein gutes Versteck gehabt! Und die andere Seite: Was ich von Deutschland wusste! Ich habe gedacht, wir kommen hier her, werden so in einer Schule wohnen, in einem Keller vielleicht. Essen wird es wenig geben, weil die Deutschen auch an Mangel leiden, keine ... und was noch? Aufräumarbeiten! Die Trümmer werden wir hier von den Bombardements aufräumen.
Das war unsere, meine Vorstellung! Also ich habe diese Vorstellung gewählt. Ich habe für mich selbstbewusst hierher deportiert.
Traf ich ein nach Dachau. An der Grenze war es noch sehr freundlich. Alte Wehrmachtssoldaten, Essen, wunderbares Essen, Diktatur spielt immer gerne Theater! Und dort wurde ein Theater gespielt, das so gutmütig war! Aber als wir in München ankamen, da war ich noch glücklich! Ich habe gedacht, na, diese Schule, wie ich mir vorstellte, wo ich wohnen werde und arbeiten natürlich, die wird in München sein. Na, das ist Kultur (lacht auf)!
Aber nach München kamen wir sehr rasch nach Dachau! Und Dachaus Name, das bedeutete uns schon etwas, als wir das von dem kleinen Fenster im Waggon gelesen haben, dass wir in Dachau sind. Das bedeutete schon, dass ... wir haben es gehört beim Anschluss, dass von hier Leute geflüchtet sind. Da hat man sie erschossen und dass das etwas Strenges ist. Aber noch immer haben wir nichts von einem Vernichtungslager gehört!
Und dann Brüllen und Lärm und Hunde und dort hat sich das Theater geändert! Das war auch Theater! Da hat man uns wirklich erschrocken. Und heraus getrieben von den Waggons, wir waren in Dachau angekommen. Und zum Theater gehörte, dass ein hoher SS-Mann und für mich war eine sehr starke Impression, der Totenkopf an diesen Hüten und Uniformen!
Das war plötzlich sehr, sehr erregend. Und ein hoher SS-Mann stand vor mir und sagte mit gutem ungarischen Ausdruck: „Gib deine Uhr, du krepierst sowieso!“ Und ich hab gesagt: „Wieso können Sie so gut ungarisch?“ Hat er meine Uhr genommen und sagte: „Oh, ich bin von Kezkem (?), das ist eine ungarische Stadt. Und er war ein Volksdeutscher, er repaterisierte (repräsentierte?) Volksdeutsche.
Und ich ging weiter und dann war Dachau und dann wurden wir ausgeteilt. Und es wurde gefragt, was für einen Beruf wir haben. Ich hab dieses blöde Schauspielerwort ... ich hätte sollen sagen Arbeiter oder so was. Aber so hab ich versäumt einen besseren Platz, weil ich war einer der Schlimmsten!
Und so kam ich ins Waldlager und noch immer wusste ich nicht sehr viel. Ich sah in Dachau, dass man solche gestreifte Pyjamas bekam. Das war auch so: „du bist ein Häftling“ hat man mir gesagt, das hab ich noch immer nicht gewusst.
Bin ich nicht zu lang für Ihre Pläne und ist das das, was Sie hören wollen? Soll ich so weitergehen? Wissen Sie, ich will schnell sein, aber es gibt wichtige Details, die ich nicht weglassen möchte!
In Dachau war das noch alles so ordentlich, so organisiert. Man uns zu einer ukrainischen ... Bande wollte ich sagen, aber das waren die Aufseher. Die waren schrecklich, grenzenlos grob mit uns, haben uns sehr schlecht behandelt, fortwährend ohne Zweck geschlagen.
Und vielleicht haben Sie die Frage, eine der größten Fragen, die man uns nach dem Krieg gestellt hat: Wo war der Widerstand? Warum haben wir nicht, wir waren wenigstens 400 Leute und die Ukrainer waren 12 oder 14 Leute. Warum wir nicht Widerstand geleistet haben? Natürlich, diese Frage nicht nur in dieser einzigen Situation gestellt, in allen Situationen! Darauf gibt es Antworten, aber ich vermeide es jetzt!
Es waren Zeichen, genug schlimme Zeichen, aber wir haben das immer noch nicht verstanden, wo wir sind. Und haben solche Ausrüstung bekommen, die war nutzlos.
Und dann auf dem Zug, wir haben gestern den Weg mit Herrn Sas (?), meinem Freund und Buchherausgeber gemacht, von Dachau nach Mühldorf.
Bei Ampfing stiegen wir aus, wir haben keine Pyjamas gehabt, wir haben die Kleider einer vorherigen Truppe gekriegt. Man konnte wählen. Die Kleider waren bemalt, natürlich eine Antwort für die Frage, ob Flucht möglich war. Wir waren so bemalt und bezeichnet und ich weiß nicht, wissen Sie was „Lausallee“ ist? Nein? Wir waren mit der Lausallee bezeichnet, und die Lausallee ist 3 cm breit und die läuft hier am Kopf (zeigt mit der Hand auf die Mitte des Kopfes nach hinten).
Damit die Läuse eine Allee haben!!!!!
Wir waren kahl, aber das wurde noch mit der Klinge geschnitten. Also sehr schwer zum Weitergehen (nicht erkannt werden). Und das war noch immer so, also man behandelt hier so die Häftlinge!
Bei Ampfing haben wir ein sehr schlechtes Erlebnis. Wenn man zu Fuß zum Wald geht, es war schon Winter, November, es war Schnee. Und unsre Schuhe, diese Holzschuhe, die „bickten“, nahmen Schnee auf und wir gingen, die solche Schuhe hatten, als ob wir mit Schlittschuhen auf einer Wiese. Das ist sehr schlecht so zu gehen und das war auch ein Detail. Und als wir im Wald, bald als wir dorthin gerieten, dort sahen wir diese ... Sie nennen das, das hab ich von Ihnen erfahren, von Ihrer Schrift, dass man das Finnlandzelte nennt. Ich hab das nicht gewusst bisher, bis heute! Also, ich habe gesagt, Zelte. Und es waren dort bei mir klügere erwachsene Leute und ich sagte: „Da hebt man Benzin auf“. Sie sagten: „Was für ein Blödsinn, das kann nicht für Benzin ...“ Aber ja, ich war fortwährend davon überzeugt, dass... Und dann sahen wir dort Menschen und Rad. Also, wir kamen an im Waldlager. Das war so Nachmittag 4, 5 Uhr. Es war schon dunkel.
Und sofort schickte man uns an die Arbeit. Also, wir kriegten Essen, das hab ich ja vorher erzählt, das hat man von uns weggebettelt, das haben wir den älteren Gefangenen gegeben, die dort schon ziemlich abgemagert und sehr komisch aussahen. Sie hatten solche weißen Gesichter, wie ... im Theater ist bekannt, das Wort: „Mime blanche“. Wer das kennt, das ist mime blanche, der dieses ... weiße mime, das haben die Gaukler und so geschwollene, rote Lippen haben sie gehabt. Und ihre Hände waren so krumm, so eingebogen. Und das war so mysteriös ... das war vom Zement, das haben wir sofort nicht gewusst. Das waren solche Figuren, die um uns hier taumeln. Was soll das bedeuten?
Und wir haben gefragt, was das bedeutet. Na, wartet nur! Sie haben schon etwas gewusst, was wir nicht. Und sie waren sehr karg mit den Wörtern, die haben nicht geplaudert.
Dort haben wir das erfahren, was mit ihrer Familie geschah, das will ich jetzt nicht lange ... das ist die andere Frage, ob überhaupt ein Holocaust war oder nicht. Das haben wir dort erfahren! Weil wir so blind und naiv waren, dass wir auch den Holocaust nicht gewusst haben.
Ich hab etwas vom britischen Radio gehört, dass es gibt ... aber wir haben über diese Leute gewusst, dass sie im April, also wir sind jetzt schon Anfang November, dass sie im April von der ungarischen Provinz deportiert wurden. Und wir haben gesagt: „Wo sind euere Familien? Ihr seid ja mit der Familie deportiert worden. Und ihr habt uns solche Postkarten geschrieben mit Adresse „Waldsee“. Dass ihr in Waldsee seid, und dass ihr euch sehr gut fühlt und arbeitet und alles wäre schön und ...“ Das hat man mit ihnen geschrieben, und das war auch ein Theaterakt!
Und sie haben gesagt: „Seid ihr wirklich so blöd, wie ihr euch zeigt? Die leben nicht mehr!“ Und das haben wir dann erfahren. In meinem Leben war kein ähnlicher Tag, an dem ich so viel erfahren habe!
Also, Marsch durch den Wald. Das hat auch sehr interessante und doch grausame Effekte gehabt. Es war so oben ... und drinnen in einer Tiefe, wo die Fuhrwerke, also ... am Weg, am wirklichen Weg gingen wir zu 5er Reihen. Mussten uns zusammenhaken (mit den Armen). Wir haben uns so zusammen gehalten. Und oben mit Fackeln und mit Hunden gingen die Deutschen und plötzlich waren wir auf einem riesigen Raum geraten. Es war so ein riesiger Raum, was einfach von sich selbst atmete. (atmet tief auf) So! Das war die Hauptbaustelle!
Und dort hat man uns eingereiht und mit den Säcken haben wir angefangen, diese 12-Std. Schicht, die schrecklich viel war. Und an dieser ersten Nacht habe ich erfahren, wieder etwas, eine Erfahrung, weil ich so morgens um 3 Uhr einen jungen Mann gefragt habe: „Kann man das aushalten?“ Der hat gesagt: „Nein, nein.“ Er war schon bei der Maschine, in die man die Säcke schüttete, und mit einem Haken schnitt er die Säcke auf. Dort war ein schrecklicher Staub und dort waren schon die sehr schwachen Leute, die das noch machen konnten.
Und wir trugen dort die Säcke herauf und dann erzählte ich Ihnen (weist auf die Herren neben sich): „Um 8 Uhr hab ich gedacht, dass es hier so schwache Leute gibt. Ich werde etwas mehr Säcke tragen. Statt dem, oder statt dem und die andern haben das auch gemacht. Aber um ... da war diese Mitternachtspause ... und nach der Mitternachtspause mit 2, 3, Std. es waren noch immer 5 Stunden zurück von dieser Arbeit. Und dann hatten wir schon solche Schmerzen im Rücken, als ob ein Messer dort gestochen wäre.
Und mit jedem Sack, was wir, wir waren in Reihen gestellt, und wir immer wieder an der Reihen, immer wieder einen Sack, immer wieder einen Sack herauf, herunter, immer wieder einen Sack! Also dann hab ich diese Frage gestellt und dann wusste ich, dass ich in einem Vernichtungslager bin! Das ist die Geschichte!
H. Mack: Darf ich Ihnen eine Frage stellen? Sie haben vorhin in dem Interview mit den Gymnasiasten gesprochen über Pech, dass man darüber gesprochen hat, wenn jemand gestorben ist – Pech! Was war das Verhältnis in diesem Lager zum Tod? War das etwas alltägliches, ist das etwas Alltägliches geworden?
J. G.: In meinem Leben zuerst habe ich Tote dort gesehen vor dieser Szene, ich kann ja das ... es geschah so viel, dass ich das übersprungen habe! Dort habe ich zum ersten Mal im Leben, ... dort lagen zwei Tote ... und ein Bürgerknabe, wann sieht er Tote? Er sieht keine Toten! Und das war wirklich ein grausames Erlebnis. Zum ersten Mal im Leben Tote sehen, das kann ein jeder sich vorstellen, ob er so ein Erlebnis schon hat. Wahrscheinlich wird er es haben, aber das gehört zu den strengsten und was einen erschüttert, das Ärgste.
Und von dort fing es an und ging bis am Frühling, als wir ... ich saß an Toten, weil kein Platz mehr war. Ich saß an ihnen, und ich war nicht außer mir. Das bedeutete mir nicht sehr viel. Ich sage nicht, dass es ein bequemes Gefühl war, aber das war unsere Ration zum Tod. Langsam gewöhnten wir uns daran, wie sich die Leute im Spital gewöhnen. Aber im Spital geht das mit einer ganz anderen Einsicht, nicht wahr? Und wir wussten, dass das etwas nicht Natürliches ist! Und im Spital weiß man, dass es wahrscheinlich etwas Natürliches ist.
Also, das war die Frage. Wir ... gewöhnten uns langsam dazu. Das war so alltäglich. Wir waren wie Wahrsager. Wir konnten ganz genau sagen, wie lange noch einer von uns lebt. Der hat noch zwei Tage, der noch drei, der ist am Ende. Ich sage offen, ich will nicht den Heiligen spielen. Ich habe manchmal mit dem schauspielerischen Talent etwas, was mit half, mit zu behalten, habe ich damit gespielt. Und also auch gelogen. Ich habe mich schwächer gestellt als ich war, wenn ich einen Nutzen davon hatte. Das musste ich tun, ich ... dort gab es sehr wenig Charakterfragen, dass man das mit gutem Charakter lösen soll. Das wäre ein Blödsinn gewesen!
H. Mack: Ich frage gerne noch mal nach. Sie haben vorhin gesagt, auf 14 Tage ausgelegt. Vielleicht können Sie das noch mal beschreiben, was bedeutet das - auf 14 Tage? Hatte man das Gefühl, nach 2 Wochen, da ist es vorbei, da kann man nicht mehr?
J. G.: Das ist eine sehr gute Frage, das kann ich nicht ganz genau beantworten, wovon. Aber das scheint mir, das ist lieber eine Kenntnis, was ich nachher ... nachher (überlegt) diese Kenntnis gefunden habe. Damals haben wir diese 14 Tage nicht gewusst. Wir wussten, dass es jeden Tag eine Zahl Tote gibt und wir wussten, dass neue Kommandos kommen, neue Häftlinge kommen, weil sonst leert sich das Lager aus und es gibt keine Arbeitskraft mehr. Wir waren ja leere (reine?) Arbeitskraft, nichts anderes!
Und die Hauptbaustelle, die Sie kennen, die musste funktionieren und wir waren immer weniger.
H. Mack: Wenn so viele Leute gestorben sind, hat man dann eigentlich noch Freundschaften ...?
J. G.: Ich möchte sagen, ich rede vom Waldlager V, ich kenne die anderen Lager nicht. Nur im Waldlager V, aber das gründlich. Im Waldlager V starben täglich von 12, bis 16, 18 Leute, nicht mehr! Nie Hunderte und nie solche Massen, die starben nicht in Massen, die Leute. Nur kleine Zahlen, immer kleine Zahlen, aber immer wurde es weniger.
H. Mack: Wenn man gesehn hat, dass doch immer wieder Menschen sterben, hat man Freundschaften geschlossen?
J. G.: Es kam Nachschub. ...Also die wichtigste Frage vielleicht, was man mir gestellt hat! Weil ich an solchen Sachen nicht sehr oft teilnehme. Fast nie! Es waren keine Freundschaften! Ein jeder kämpfte um sein Leben, total allein! Es gab keine Freundschaften und was Freundschaft war, das löste sich auf. Es war keine Situation dazu geeignet, Freundschaften zu schließen, einem anderen etwas zu helfen. Dieses Glass Wasser hierher zu reichen (zeigts vor), das war nicht, nicht, nicht! Das war total, als ob die Leute in einem Halbschlaf gerieten. Das war irgend eine solche Situation! ... Nein, es war keine Freundschaft, es war kein Mitleid. Es war, dass ich dir helfen soll, das gab es nicht! Es fiel ihnen nicht ein, den Menschen!
Das eine vom Lager, das hat man in guten Romanen oder in guten Schriften, hat man das schon erfunden. Aber sehr, sehr wenig redet man davon. Die Leute waren total entfremdet, total entfremdet! Es machte nichts aus, wenn einer den andern nicht mehr sah. Und es kam sehr oft vor, das machte nichts ... und ich will nicht sagen Maschinen, weil wir keine Maschinen waren. Es machte nicht Tiere, weil wir keine Tiere waren. Es machte das Lager von uns solche Wesen. Wir waren Wesen, die dort ... einer überlebte, der andere überlebte nicht ... und –Solidarität, dass einer dem andern ... das war alles, alles weg!
Na, das hören Sie nicht sehr oft und dass ist aber wirklich die Wahrheit! Also alles andere, was solche Mengen und Truppen zusammen hält, das zerfiel. Das war so teuflisch organisiert! Ich sage, dass das organisiert war!
Frage: Gab´s unter den Wärtern und Aufsehern Unterschiede in der Behandlung?
J. G.: Ja, es gab! Das merkten wir sofort. Wir waren nicht getrennt von unseren eigenen ... mancher Sinn Sensibilität arbeitete noch in uns. Ja, es gab. Es gab, aber die konnten nicht viel machen, die etwas milder waren. Es waren grobere und mildere ... ja, es gab Unterschiede! Helfen konnte keiner! Dazu war die Sache ganz anders organisiert.
Frage: ... die ganzen neuen Erlebnisse, die Sie gemacht haben, ob die Ihnen nicht große Angst bereitet haben?
J. G.: Natürlich ja! Aber nach einer Zeit wird man dort ganz, ganz apathisch möchte ich sagen. Aber nicht, dass das wechselte, ... das wechselte, ... das ist sehr schwer aufzuschreiben, weil man einige ... also, denken Sie, es ist ... man war ... eine Zeit lang hatte man Angst, und nachher nicht mehr. Nicht mehr, wir ließen die Sachen gehen ...
Frage: Also, Sie haben es hingenommen, dass Sie arbeiten mussten. Sie haben die schwere Arbeit hingenommen und haben sich somit mit dem Leben abgefunden, dass Sie dann hatten, oder?
J. G.: Ja! Ja, ja! Die Arbeit war wirklich sehr schwer ... wir haben das Leben abgefunden, wir haben nicht gedacht, dass wir einmal rauskommen.
Frage: Ich wollte fragen, welche Strafen es gab, wenn Sie zu langsam gearbeitet haben?
J. G.: ... Schlägerei war am meisten die Strafe! Schlägerei war die Strafe und es waren einige Sadisten, die das strenger machten, z.B. mit kaltem Wasser. Aber so was war meist in den russischen Lagern. Bei uns war die Schlägerei, war am stärksten! ... Man wurde geschlagen (ein Herr im Hintergrund spricht ungarisch mit G.) und es waren sog. „Bunkerstrafen“ ...
(Längere Pause, weil Schulpause, starker Geräuschpegel!)
Frage: Weil Sie vorhin von den Bunkerstrafen gesprochen haben, als wir vom Gong unterbrochen worden sind, vielleicht können Sie das noch mal erklären, was das bedeutet?
J. G.: Ja, ich kann das erklären, obwohl ich möglicherweise nicht mit Bunkerstrafe bestraft war. Es bedeutete fast immer tödliche Gefahr, jemand wurde eingesperrt, hat nicht zu Essen bekommen. Ich weiß nicht genau sag ich aufrichtig, wie das war, weil ich sage, ich habe keine erlitten davon, von Bunkerstrafe.
Es gab so vielerlei Strafen, die Bunkerstrafe war wirklich sehr ... also tödlich!
Frage: Aber es wurde auch nicht darüber dann gesprochen: „Hast du gehört ...?“
J. G.: Im Lager hat man nicht darüber gesprochen! Darum hat man nicht darüber gesprochen, weil der mit Bunkerstrafe bestraft wurde, der kehrte nicht zurück! Was sollte man ... ich erinnere mich nicht so ... also, ich weiß davon nicht genug, dass ist die präzise Antwort, ich weiß von der Bunkerstrafe ... Es war häufig, aber da ich es nicht von eigener Seite kennen lernte, ich will davon nicht wissen. ... Eine Art Gefangenschaft! ... das war sie!
Frage: Sie haben dann ja im Bunkergelände gearbeitet und Sie mussten dann abends ja wieder zu Ihren Unterkünften zurückkommen. Was hat Sie da erwartet, als Sie zurückkamen?
J. G.: Nicht war, ... Sie nennen die Hauptbaustelle, wir haben es nur Hauptbaustelle genannt, nicht war, wir sprechen von derselben Sache? ... Diese schrecklich lange Zeit, das war der Gegner, diese 12 Stunden ... 12 Stunden, versuchen Sie einmal 12 Stunden etwas machen! Wie lange das ist! Wir mussten ... den Marsch zu der Hauptbaustelle vor dem Marsch den Appell. Der Appell war nicht immer gleich. Manchmal war es länger, wenn das nicht stimmte, war es schrecklich lang! Wenn es stimmte, meistens stimmte es, dann waren´s auch 1 ½ Std.
Um 5 Uhr standen wir auf, um 7 Uhr fing die Arbeit an. Also zwischen 5 und 7 Uhr war diese sog. Kaffee, Appell und hat sich gewaschen, wer dazu die Kraft fühlte, dass er sich wäscht! Das war meistens, das war in solchen Geräten ... Kaltes Wasser (zeigt´s mit den Händen) auf´s Gesicht. Und dann geschah, dass ... vom Zement, das Gesicht so gestreift war (zeigt´s im Gesicht), weil das Wasser da es abwaschen, anders nicht.
Aber sonst, als wir heimkehrten, waren wir so schrecklich müde, ich habe ... ich will nicht mich als Sachverständiger, weil ich sehr wenig 12 Stunden ausgehalten habe! Ich habe ca. so 5, 6 von diesen 12 Stunden Schichten ausgehalten, und nachher kam ich als Geschwächter in leichtere Kommandos. Die stärksten gingen nur auf den Bunker, sog. Bunker, also auf die Hauptbaustelle!
Es war schrecklich schwer auszuhalten, ich sage, die erste Nacht war auch schon etwas Erschreckendes! Und davon ... gestärkt ... ich sage Ihnen ... ausgerechnet: es waren ca. 14 Tage für einen Mann, das hat mir, ich weiß nicht wer, aber nicht ein anderer Häftling, das hat mir einer, der dort vielleicht ein Kapo oder wer, hat es mir gesagt, dass das so ausgerechnet ist, dass ein kräftiger Mann kann das ca. 14 Tage lang, diese 12 Stunden leisten, er kann nicht mehr leisten!
Natürlich gab es Unterschiede, es gab stärkere Männer und schwächere. Und wenn eine Krankheit inzwischen kam, was bei mir der Fall war, ich kriegte eine Lungenentzündung vom Regen, von nassen Kleidern. Es gab nichts, was uns wärmte.
Da kam zuerst, das war eine typische Lagererfindung, die sog. Schonung. Also Schonung, das bedeutete, dass man nicht zur Arbeit musste. Aber das ist auch etwas, das wenige wissen, es ist gut, dass ich das angeben kann. Die Schonung war etwas Schreckliches! Das bedeutete, dass ich im Lager bleiben muss, allein, oder mit den andern, die Schonung hatten, diese 5, 6 oder 12 Leute und dort herum irrten. Wir hatten dort wirklich nichts zu tun. Wir hatten in der Nacht geschlafen oder in der folgenden Nacht hätten wir schlafen sollen. Und zwischen dem man sollte schlafen, man konnte nicht so viel schlafen. Wir irrten herum im Lager und hatten nichts, nichts, nichts zu tun außer daran zu denken, was folgen wird.
Also, das war die Schonung, wir muss nicht heraus, man konnte ... ich kann mich erinnern, dort irrte ich herum und plötzlich fand ich mich in der Totenkammer. Dort wollte ich rein, weil ich neugierig war und ich fand da eine Tür. Und das war wirklich so, wie in einem schlechten, einem wirklich schlechten, ... in einem Film, in einem Filmstück!
Schonung, das war eine Erleichterung, als die Kommandos am Abend eintrafen, weil ich schon so wartete! Und die ich zuerst sah, ich weiß nicht, das hab ich nie ihnen erzählt, als ich zuerst sah, dass da etwas Leute da herum gehen zwischen diesen Zelten, das waren die Schonungsarretierten.
Schonung gab man im Waldlager V bis 38.5 Grad. Wer 38,5 hatte, der konnte Schonung haben, und ins Revier kamst du mit 39 Grad (Fieber). Fieber, das verstehen Sie ja, nicht? Und wer 39 Fieber hatte, der kam ins Revier. Revier, das bedeutete nicht wahr, eine Baracke wie die anderen, und bis Frühling gab man dieselbe Ration Kost, Essen, was die anderen. Aber im Frühling, nicht mal im Frühling, schon im Februar, fingen sie an, weniger zu geben. Und das war, ich glaube, das müsste Sie so wissen, hatten nicht genug. Auch die Deutschen hatten nicht genug! Und dann bekamen wir so kleine Rationen, ich glaube eine Portion war 1/16tel , 8tel war schon auch sehr klein, bis zum 16tel gab es so am Ende. Das war die Schonung!
Das ist ja genug Antwort auf diese Frage. Oder wenn sie noch was wollen, kann ich das noch ... ? Auf diese Sachen kann ich mich sehr gut erinnern. Und es gibt Sachen, die ganz aus, die ich nicht mehr, daran nicht mehr erinnern kann.
Frage: Was ist die Totenkammer?
J. G.: Es war eine Totenkammer, ein Finnlandzelt war natürlich die Totenkammer. Und im Finnlandzelt, das war so schrecklich, wie so ein verkleinerter Zirkus, weil das war rund. Und in einem verkleinerten Zirkussaal lagen die Leute so wie im Strahl, so rund. Und in der Mitte war ein Platz. Und von der Mitte aus ging so ein ... kann man sich das vorstellen?
Und das war ziemlich unheimlich und natürlich bedeutete Schonung hohes Fieber. Hohes Fieber mit halben Visionen und halben Halluzinationen und das verschlechterte sich so lang, bis man die 39 erreichte. Und das war kein großer Trauer, wenn man die 39 erreichte, weil mit 35,8 (?) herumzuirren, das ist nicht besser, mit 39 in einem sog. Revier ... das war ja nicht ein Spital, nicht ein Lazarett, das war ein Platz, wo man ... es gab sehr wenig Medikamente, es gab sehr grobe Kapos und man musste nackt unter solchen Decken liegen, die Sie sich nicht vorstellen können, weil man davon, von der Decke nicht wusste, ob das gegossen oder wie ... fabriziert wurde!
Frage: Also kommen da die hin, die im Sterben sind? Kommen die da in die Totenkammer?
J. G.: Ja, ja, es war eine Totenkammer, wohin man ... man musste die Leute irgendwo hinlegen. Die meisten Toten kamen im Waldlager von einem Spezialzelt und das war der Zelt, der Kapo hieß, nie werde ich seinen Namen vergessen, „Marcel“. Der Marcel, der war ein Franzose, aber natürlich ein jüdischer Franzose, der ... das ist eine andere Geschichte, also, das Zelt vom Marcel, das war das „Durchfallzelt“. Also, das war etwas höllisches, ein Zelt, wo ein jeder tot war! Und dort starben sehr rasch die Leute. Sehr rasch!
War ein Durchfall im Lager bedeutete das, 16, 20mal zum Abort gehen und die Schwäche kam sehr rasch und ...
Und der sog. „Malchemoves“, das war der Totenengel, der die Ochsenfuhre belud, der ging immer zuletzt zu dem Marcel, weil die Leute dort die leichtesten waren! Und herauf werfen den Leichtesten, das war rationell, nicht war? Daran war Verstand (tippt sich an den Kopf, lacht kurz), das war da so!
Frage: Und was wissen Sie über das Massengrab?
J. G.: Ich weiß überhaupt nichts vom Massengrab. Ich glaube, das war eine große Grube, wohin man diese schrecklich vielen Toten reinwarf. Ich weiß davon nichts. Etwas weiß ich, aber das nur von der Zeitung, dass man in Mühldorf, die hiesige Stadtverwaltung, die haben das ausgegraben und ... davon weiß ich, davon hab ich gelesen. Aber ich war nie in der Nähe (klopft auf Holz) von diesem Massengrab. In der Nähe war ich schon, aber nicht drin!
Frage: Haben die Häftlinge, die in dem Kommando dabei waren, die die Leichen zum Massengrab gebracht haben, haben die irgendwas erzählt, oder gab´s Gerüchte im Lager?
J. G.: Nein! (mit Nachdruck!) Ich sag Ihnen, es war ein, so ein echter Jude von Galizien, also von Polen, der war halbblind. Und der war der sog. Malchemoves, der Totenengel. Der machte das ganz allein! Er machte diese Ochsenfuhre, er belud es und er ging hin zum Massengrab und er warf allein die Leute ... Ich weiß nicht, ob er Hilfe hatte.
Im Lager hat er keine Hilfe gehabt. So geredet hat er mit uns ohne uns zu kennen. So ein paar Worte hat er gesagt, er hat einen Humor ... er war ein Mann mit Humor (!) Aber er hatte keine Hilfe, keine Mithilfe. Gelegentlich vielleicht, aber das sahen wir nicht!
Frage: Waren Sie bei der Befreiung dabei vom Lager?
J. G.: Ich war nicht bei der Befreiung, weil man musste entscheiden, Anfang ... schon eher Mitte April, den pünktlichen Tag weiß ich nicht, war damals nicht wichtig ... also ca. so den 20. Musste man entscheiden, ob man bei der Räumung des Lagers, bei der Räumung an der Seite steht oder bleiben will. Wir hatten Angst vom Feuer, dass das ganze Lager angezündet wird. Und ich entschied mich für weitergehen. Und weitergehen bedeutete, dass es in Österreich bei Mauthausen, in der Gegend von Mauthausen, es gab noch Plätze, wo man Leute aufgenommen hat. Das war noch nicht befreit!
Und man hat uns in Züge gesetzt, in Waggons, sehr dicht, sehr, sehr dicht. Und das Lager wurde so halb geräumt. Man konnte entscheiden. Ich habe mich für´s Weitergehen entschieden.
Und Ihre Schriften und was Sie aus der Sache wissen, und sehr kultiviert aufgearbeitet haben, dann kam vor: Poing, dann kam vor dieser Luftangriff auf diesen Zug, von den Amerikanern, die uns verwechselten. Aber sie haben uns darum verwechselt, weil die Deutschen einen Panzerzug zu den Waggons geknüpft haben.
Und wir wurden bei Tutzing befreit, also wir kamen nicht bis Mauthausen! Wir wurden bei Tutzing befreit, eine andere Truppe bei Seeshaupt, das hab ich auch nur gelesen. Ich war bei Tutzing! Kam dann gleich ins Lazarett, ich war 35 Kilo damals, ich bin zwar jetzt auch nicht dick, aber 35 Kilo, das ist sehr wenig! ... Und das war´s! Das war die Befreiung, ... die Befreiung war, auf dass ich etwas literarischer sein ... (Text reißt ab)
... ob wir wollen, das wurde ganz höflich gefragt! Und das war das Ende vom Krieg! Ob wir wollen! Ich weiß nicht, was die Antwort war, aber jemand hat wahrscheinlich gesagt, dass ja, wir möchten doch etwas Suppe! (lächelt leise)
Und dann hörten wir diese große ... worin die Suppe ist (Schüssel Topf), hörten wir so an den Gleisen, als sie dort neben die Waggons kamen. Das war Ende, Kriegsende! Noch weit nicht für alle, weil es starben noch Leute vom vielen Essen und von anderen Sachen!
Aber so wurden wir befreit!
Frage: Hat man euch im Lager gesagt „Jetzt kommen die Amerikaner! Ihr müsst euch jetzt entscheiden, ihr bleibt im Lager ...?
J. G.: Das war nach dem, dass die Amerikaner ... nach dem zogen sie unten. Unten war der Weg, keine Autobahn, ein Weg. Dort war ein Betonweg und dort kamen die Amerikaner und dort jubelten Leute, aber wir waren zu schwach, dort hinunter zu gehen. Ich war zu schwach, vom Waggon herunter zu steigen. Ich war dazu zu schwach.
Haben Sie die Antwort jetzt, ja?
Frage: Ja, aber woher wussten Sie im Lager, dass Sie weg mussten? Woher wussten die Häftlinge, wir flüchten jetzt? Wusste Sie, dass die Amerikaner kommen?
J. G.: Ja, das wussten wir. Und es war, ... ja das ist gut , dass Sie kontrollieren, wie es in Ihren Schriften steht, ist korrekt. Zuerst war Poing. Poing, das war, dass man gedacht hatte, die Deutschen haben gedacht, dass sie uns frei lassen können. Und die SS uns zurücktrieb. Und dann gingen wir zurück mit manchen Verlusten und Toten und Verletzten, zurück in die Waggons. Und dann fuhren wir weiter.
Und am andern Tag war das, ich glaub am andern Tag, ja, das war nach meiner Meinung war es am 27. April. Aber das ist nicht sicher, weil ich diese Sachen nicht ganz korrekt wissen kann! Ich war ja nicht ganz bei mir! Das konnte man nicht sagen, dass ich ganz bei mir war!
(der Übersetzer erinnert an die Fragestellung)
Deutschland war schon damals, dieser Teil war schon sehr, sehr klein. Und ich glaube vom Jubel und von, dass die Panzer dort waren, und dass die Wache weg war (wussten wir, dass es vorbei war!) Die Wache war weg! Endgültig! Zuerst war sie nicht endgültig weg, dann kamen die SS-Leute und „richteten zwischen uns dort einen „Tanz“, aber an diesem Tag war, das war vormittags. Und ich habe es schon erzählt heute, dass an einer Seite des Waggons war eine Hinrichtung, dort hat man so einen wirklich ... einen Massenmörder hat man dort hingerichtet. Und an der anderen Seite war Wald, eine Waldschicht, eine kurze Waldschicht. So bis zum Weg. Von den Bäumen sah ich die Amerikaner nicht und ich hörte doch, dass das die Amerikaner sind. Und die Leute dort sich drängen und warten, ob sie da etwas hinwerfen. Sie haben´s getan! Sie haben es gemerkt, das war nicht sehr schwer zu merken, dass das hungernde Leute sind. Und sie dort etwas entbehren.
Frage: Sind auch Leute im Lager geblieben? Oder ...?
J. G.: Ja, es sind Leute im Lager geblieben und diese Gefahr, die sie gefürchtet haben, die traf nicht ein! Man hat das Lager nicht angezündet.
Frage: Also mich würde es sehr interessieren, was Sie nach Ihrer Befreiung getan haben oder als Sie dann wieder in Ihrer Heimat waren?
J. G.: Was geschah dort? (fragt nach)
Frage: Was Sie getan haben?
J. G.: Ja, also es war ziemlich kompliziert nach Hause zu kommen. Es waren solche sog. Quarantänen. Aber ich meinerseits konnte ...ich bin, das ist auch bei Ihnen sehr pünktlich geschrieben, von Feldaffing ... Ich bin von Feldaffing, das sag ich so zwischen Anführungszeichen, geflüchtet! Es war mir schon genug vom gutem, weil in Feldaffing wurden wir wirklich verwöhnt! Das war wirklich gut und ...
Aber es war genug, ich wollte heim, und ich bin geflüchtet (lacht) mit anderen. Und über Pilsen, über Tschechoslowakei, über Bratislawa ... ging ich heim. Und zwischen einem schrecklichen Druck, das war der Druck, ob ich meine Eltern finde! Ich war ja 18 Jahre alt, meine Eltern lebten noch, als ich in die Deportation marschierte, wirklich. Und unsre Wohnung lag, ich zeig es so, das muss nicht ... Und hier wohnte ein reicher Verwandter. Und ich wollte fragen ... in einer Villa, sog. Villa, versteht man deutsch Villa? ... in einer Villa und ich wollte hinein gehen, damit ich nicht plötzlich meine Eltern überrasche.
Und meine Mutter öffnete! Weil wir da (weist nach links), das sah ich nicht von dort, ausgebombt waren. Wir wurden ausgebombt, da war nichts mehr! Und die wohnten hier!
Und meine Mutter öffnete die Tür! Also ich kann sagen, na ... (er lächelt glücklich in der Erinnerung) Sie können sich´s vorstellen!
Und also so, das war! Und ich wollte schon lange Schauspieler werden und in diesem Herbst ging ich zur sog. Akademie für Schauspiel. Die waren das dann Filmer und Tänzer und das war dann der große Neuanfang! Ein großer Neuanfang!
Frage: War der Todesengel bei der SS dabei, oder war das ein Häftling?
J. G.: Natürlich ein Häftling. Etwas muss ich erläutern, was Sie natürlich nicht wissen können! Es waren keine Deutschen im Lager! Im Lager war kein Deutscher, kein Deutscher hat das Lager betreten! Wenn er es betreten hat, dann war es ein spezifischer Grund! Sonst kam er nicht!
Sie nahmen uns auf, als wir herausmarschierten und zählten uns beim Appell! Das machten sie mit ... ganz pünktlich (meint genau). Aber so was kam nicht vor, dass ein Deutscher einen Toten, eine Leiche von einem Häftling anrührt, das war unvorstellbar!
Frage: Wurde der anders behandelt, weil der musste ja die ganzen Leichen auf die Ochsenfuhre heben?
J. G.: Wer wurde anders behandelt (fragt nach)? (Übersetzer: der Todesengel)
Nein, nein! Aber die Frage ist doch gut, weil , er gehörte, das sag ich nicht pünktlich, das kann ich nicht, aber ich meine, es waren 50 oder 60 Leute. Sie schreiben 150! Aber es waren nicht 150, nach meiner Meinung, Maximum 80 Leute, die in „Sicherheit“ waren!
Und was bedeutete „Sicherheit“? Sie hielten zusammen. Das Essen teilten sie so, dass sie nicht hungern mussten. Ich sag nicht, dass sie Roastbeef zu essen hatten, aber sie teilten das Essen schon so, dass die Portion, zwei Portionen, sog. schönen Portionen, das haben sie genommen! Oder noch mehr!
Und an der Küche waren sie Herren! Und da geschah, was sie wollten!
Und der Todesengel wurde so behandelt, dass, wer abergläubisch war, der fürchtete sich vor ihm. Ich war nicht abergläubisch, ich fürchtete mich nicht vor ihm, weil er Humor hatte! Humor hatte und dieses eine Auge, das war so komisch! Und er hatte eine solche Stimme (macht sie nach) Ganz, ganz, nicht einmal heiser war ... aber so heiser, sagen wir´s so.
Frage: Wie muss ich mir denn den Humor vorstellen in einer solchen Situation? Wie kann da jemand Humor zeigen?
J. G.: Das muss ich ja natürlich aufrichtig sagen, Humor fühle ich nachher, als ich schon in der Freiheit an die Sachen zurückdenke. Dann finde ich, dass das Humor war. Damals hatte ich nicht sehr viel Lust, mich daran zu unterhalten, nein, nein.
Nicht wahr, alle von uns, wir machen ja Fotos, das sind unsre Andenken, einer ist etwas verwischter, der andere ist klarer. Ich habe ein so klares Foto von ihm noch, auch heute, von dem (Name unverständlich?). Ich habe mit ihm gesprochen, ich hab ihn gefragt: „
(Klingt wie Schwür), sag, ... man muss sehr schnell jiddisch lernen, das ist ihre Sprache, und da ich deutsch ziemlich, damals noch besser wie jetzt, gesprochen habe, das nützte nicht viel bei jiddisch, weil deutsch auf jiddisch übersetzen, das stimmte nicht. Also ich musste das Jiddische. Aber das ist nicht schwer! Und ich habe Sprachgefühl ... also ich hab das mit dem Jiddisch gesprochen.
„Was hast du zuhause gemacht? Von wo bist du?“ Er hat gesagt:“ Ich bin von Radom“ (?). Das ist ein bedeutendes polnisches Städtchen. Dort macht man Gewehre und da ist eine Fabrik für so was. „Und was hast du dort gemacht?“ „Dasselbe!“ Er hat Tote geliefert und er war dort auch ein Malchemoves!
Und er hat gesagt, und das war auch Humor, dass ein einziges Ding bereut er schrecklich: dass er den Hitler nicht als ... behandeln kann! Das sagte er!
Es war sehr wenig Humor, wirklich! Aber wenn man zurückblickt, Groteske war schon, groteske Momente möchte ich sagen!
Schülerwechsel, Pause
J. G.: ... detailliert sagen, was ich unter Glück meine. Und doch nach Deutschland gehe, bewusst nach Deutschland gehe, ohne zu wissen, was ein Konzentrationslager, was ein Vernichtungslager ist! Wie das geschah!
Das war die erste Entscheidung ... (DVD ende)
J. G.: Natürlich, ich war ... am Anfang war im Finnenzelt und das stimmt nicht in Ihren Papieren. ... Ich war auch im anderen, aber in Jänner, wir siedelten um im Januar.
Und im andern, der andere war wirklich etwas komoder, Finnenzelt war im Winter ja schrecklich! Aber ich war auch im Finnenzelt nicht viel, weil ich da dieses Revier mir ausgesucht habe und dort im Revier habe ich die Zeit ... Wahrscheinlich haben Sie das bemerkt, ich weiß nicht, was Sie bemerkt haben. Aber wahrscheinlich, das hab ich der Frau Agoszy (?) erzählt.
Das hat keiner gemacht, keiner, dass er ... im Revier gab es, also, wer sich wollte, der konnte sich waschen. Es war ein Becken mit kaltem Wasser. Ich habe das gemacht, dass ich mit kaltem Wasser mich bespritzte, und zum Fenster mich hingelegt habe, damit ich Fieber kriege! Weil ich hatte solche Furcht vor der Hauptbaustelle, dass ... Ich wusste, dass ich das nicht aushalte. Und nach 3, 4 Tagen kam Fieber! Und ich bekam eine zweite Lungenentzündung, mit der ersten kam ich rein. Das war eine Lungenentzündung mit großen Schmerzen! Die zweite, die ich mir gemacht habe, die war so „rosa“, das war wie ein Traum! Sie schmerzte nicht, war mit hohem Fieber und die rettete mich! Weil mit meinem hohen Fieber hat man mich nicht rausgeschickt, sonst hätte man mich entlassen. Da war die Entlassung, jede Woche war Entlassung und du konntest nichts machen, zurück zur Hauptbaustelle!
Und du warst nackt und der „Läufer“, der hieß so, der ging ins Revier, der ging ins Magazin und brachte die Kleider. So, anziehen und dann raus! Das wollte ich vermeiden, weil ich wusste, dass ich das nicht mehr ... ich habe, als ich mit vollen Kräften war, habe ich 7, 8 Tage ausgehalten. Und was kann ich tun so halb abgemagert. Und das ist mir gelungen!
J. W.: Wenn Sie Revier sagen, ist das ein Gebäude?
J. G.: Nein, das war ganz gleich, wie die andern ... Baracke. Es war kein Gebäude. War nichts anders, nur dass der Kapo hieß Revierkapo und die Ärzte waren dort eingeteilt unter ihm. Der Revierkapo hieß Raimond und war ein Franzose, ein sehr, sehr harter, strenger Franzose.
Und er hatte einen Bernard, zwei Bernards waren ... die Kompain hielten immer zusammen, Franzosen waren mit Franzosen, Griechen mit Griechen, die hielten zusammen.
Und dann habe ich diesen Griechen gepflegt, im wahren Sinne des Wortes. Und da war schon Februar, März, kam der Frühling und ich war halb gerettet. Aber dazu musste ich das Spiel machen.
Frage: Was gab es eigentlich für die Häftlinge zu essen?
J. G.: Es waren solche Suppen, die könnten Sie nicht, man kann nicht Name ... jetzt spreche ich nicht von der ... zweierlei Suppen waren da! Die Bunkersuppe, die kann ich nicht schildern. Was darin war, so kleine Teile waren drin. Das kann man nicht sagen. Es hat einen speziellen Geruch und Geschmack gehabt. Das war die Bunkersuppe! Die hat man bei Mitternachtspause, bei der Nachtschicht oder in der Früh gegeben. Oder ich irre mich, vielleicht nicht in der Früh ... das war die Bunkersuppe.
Die Hauptsuppe, also die, in diesen komischen (sucht das richtige Wort), das Gefäß, wo man schlafen konnte, darein gab man diese Suppen. Die waren fast gleich. Unten etwas Fleisch, etwas ... man konnte keinen Namen geben ... eine Art Suppe, das auch einem Gemüse ähnlich war. Manchmal war es dicht und manchmal überhaupt nicht dicht. Aber meistens war es diese, die Bunkersuppe war nicht dicht und diese war dicht (dick?).
Das war, ich habe ... das erste Mal mach ich jetzt die Differenz, was dort Unterschied war. Und Brot war, Brot war sehr wichtig für uns, denn das war das Einzige Konkrete.
J. W.: Wie wurde die verteilt, die Suppe?
J. G.: Die Suppe wurde von, in großen – weiß ich nicht, gestern hab ich auch nicht das Wort gewusst, hätte ich brauchen sollen – in diesen großen Gefäße, worin man so (macht Schöpfbewegungen) (Zwischenruf: Kessel, Kübel?) Ja, vielleicht Kübel ... (lässt es einfach so stehen) .
Und da dort wurde auch geschaukelt, weil dort konnte man so machen, dass du ganz dünnes kriegst und konnte man machen, wenn man das wollte, dass du nicht so dünnes kriegst, sondern was dichtes von unten. Und wer ihnen nicht passte, mit diesem Löffel, das war ein kräftiger, großer Löffel, der kriegte ein solches auf den Kopf. Bum, wenn er sich dort sehr drängelte und vielleicht versuchte, das zweite Mal zu kommen. Das ist auch grotesk! Weil, sterben musste man nicht davon, aber das war schon etwas.
J. W.: Wer hat verteilt? Wer war der Mann mit der Kelle?
J. G.: Das war immer ein Kapo! Das musste ein Kapo sein, das konnte kein Häftling sein!
Frage: Wie waren die Sicherungen in dem Lager, bzw. wie wurde sie ausgeführt? Also, die Bewachung?
J. G.: Ja, das war ganz von den Deutschen abhängig, das haben sie gemacht. Ich habe dazu keine Kraft gehabt, es war mir nicht wichtig zu bemerken, dass wer an der Wache ist. Ich glaube dort waren so, das ist jetzt wieder eine Schätzung und nicht ganz genau, vielleicht 40 oder 60 SS-Männer, von ganz jung , dann die Mitte nicht, und dann ältere. Und die waren an der Wache in den Türmen und ich kannte keinen.
Mit einem Deutschen war ich in Verbindung geraten, einmal wollte mich der, dieser Raimond, von dem ich gesprochen habe, dieser Franzose, wollte ihm zeigen einen Häftling, der Sprachen spricht. Und damals sprach ich noch besser deutsch, ... und wie gut ich deutsch spreche! Und er hat mir Fragen gestellt. Und ich hab ihm geantwortet, ich war sehr, damals hatte ich sehr hohes Fieber, aber ich konnte antworten. Mein Gehirn arbeitete.
Ich konnte antworten. Und dann schaute er mich an, es war ein Scharführer, und dann schaute er mich an und sagte: “Na, zeige dich, Junge!“ Weil ich war in einem, in eine graue Decke eingewickelt (steht dabei auf ) und ganz nackt. Und dann zeigte ich mich ihm (öffnet die Hände vor dem Körper) Dann sagte er: „Nun, Junge, du schaust doch ganz schön aus! Gebt ihm Arznei, das oder das!“ Und da hab ich etwas Arztmittel bekommen, Medikamente hat er mir darum gegeben, weil ich gut aussah und deutsch gut sprach. (setzt sich wieder).
Das ist auch Humor im Lager!
Frage: Wissen Sie etwas über den Mühldorfer Prozess?
J. G.: Ich war eine ganze Zeit lang im Waldlager. Mühldorfer hab ich getroffen, aber nach der Befreiung. ... Ach so, (der Übersetzer hilft) gelesen habe ich davon. Ich hab das nicht richtig verstanden.
Frage: Sie haben gesagt, wie Sie ankamen, wurden Sie alle durchgezählt und wer da ist. War am selben Tag noch Appell?
J. G.: Gute Frage! Kann ich mich nicht erinnern! ... Aber ich glaube, es musste ... nach der Logik, sag ich, ich kann mich nicht gut erinnern. Aber nach der Logik sag ich, es musste Appell sein, weil wir wurden gleich hinausgeschickt zur Nachtschicht. Und da haben sie ganz bestimmt uns abgezählt und zurück wurde das Kommando natürlich wieder abgezählt, ja. Es war Appell!
Appell war etwas, das ist auch was, was man sich nicht mehr vorstellen kann! Wie wichtig das war, das war ihnen so wichtig! Man hätte glauben können, dass wir so wichtige Leute sind! So viel hat man uns gezählt, das kann ich nicht einmal sagen. Immer, immer und neu und neu und ob es stimmt und kontrollieren wir es noch einmal. Als ob wir etwas wert ... (lacht) man hat uns fortwährend gezählt und wir hatten wirklich keinen Wert!
FR. Sch.: Gab es eigentlich Fluchtversuche aus dem Waldlager?
J. G.: Nein! In diesem Lager gab es nicht und es war unmöglich! Es wäre unmöglich gewesen! Ganz, ganz unmöglich. Vielleicht ein solcher Gefangener, der etwas Protektion, solche Arbeit in der Stadt Mühldorf hätte. Aber vom Waldlager kamen hier nicht Leute. Vom Lager Mühldorf ja.
Frage: Was war die schlimmste Strafe, die Sie bekommen hatten?
J. G.: Ich? (überlegt) Ich bekam keine Strafe. Hiebe, ja, aber Strafe nicht.
Das zählte zu der Routine. Wer mir entgegen kam, der konnte mir etwas geben, der konnte an mir vorbei gehen und konnte mich treten. Das musste man vorher wissen. Ich will mich nicht rühmen, ich habe im Lager, wenn etwas mir nützte, so eine Menschenkenntnis kann man nirgends kriegen, wie in einem Lager! Dort kann man von 5 m wissen, was in einem anderen steckt! Und was mit ihm geschehen wird und ... das nütze ich beim ... ich unterrichte so junge Leute, wie Sie sind, im Schauspiel.
Ich sehe die Nieren (?), also jetzt vom Lager, das kommt vom Lager. Sonst nicht, sonst hätte ich es nicht. Sonst wäre ich auch irgendwie scharf auf solche Sachen, aber so bin ich mehr wie scharf!
Frage: Haben Sie Geschwister?
J. G.: Nein! Ich bin ein Einzelkind.
Frage: Haben Sie jetzt eigentlich noch Spätfolgen von der Zeit aus dem Lager?
J. G.: (nickt) Man muss sagen, dass ja. Ich habe Gesundheitsfolgen, aber nicht schwere vom Lager, ja. Ich habe die Füße ... als wir von Ampfing ans Lager gingen und Schnee und die Schlittschuhe ... das hab ich hier erzählt? ... das wiederholte sich. Und das bis heute, die Füße, das hat ziemlich geschadet. Und da sind einige Muskeln gedehnt oder vielleicht auch gerissen. Ich denke nicht richtig, weil sonst könnte ich nicht gehen! Und das blieb! Das konnte man nicht reparieren.
J. W.: Können Sie noch einmal an die Erdhütten denken? Wie die ausgesehen haben? ( G. fragt nach, versteht nicht) Es gab ein Sommerlager und es gab das Winterlager. Und das Winterlager waren die Erdhütten, die im Boden eingegraben waren ...
J. G.: Natürlich! Natürlich kann ich zurück! Natürlich kann ich zurück denken ...!
J. W.: Und wenn Sie da einmal schildern würden, wie die aussehen. Wenn Sie sich vorstellen, Sie gehen darauf zu und gehen da rein. Wie sieht das aus?
J. G.: Bis ca. Fensterhöhe, ich weiß nicht, ob es Fenster waren, bis Fensterhöhe in der Erde. Dann kommt ein Teil herauf ganz mit frischem Holz gebaut. Und dann ein Dach, was wirklich sich wie ein Dach benimmt, also so schräg. Und den Eingang kann ich auch ganz gut schildern! Es ist in der Mitte eine Tür, ganz zwischen der Mitte, und Stufen gehen herunter, bis zu der erwähnten Tiefe, bis ca. so wie ich gesagt habe. Das waren so 4 Stufen. Aber genau in der Mitte war die Türe!
Und es schien neu, es schaute aus, dass es neu ist, die Konstruktion. Noch etwas sag ich, was Sie vielleicht nicht wissen: Der Strohsack, was wir in diesen Finnenzelten ... dort war nicht einmal Strohsäcke. Dort war Stroh und wir lagen so, nicht war, im Kreis ... Ich war nicht viel im Finnenzelt. Aber Stroh lag so dicht, flach.
Und dort hat man das raus gefunden im Neulager, dass es in einem Netz ist. Das war ein Netz, wie im Fussballtor. Nicht ganz so groß, in solchen Einheiten (zeigt´s an). Das machte, nicht, wahr, wenn Stroh zerbrach, dann vieles leichter heraus. Aber bis es so hielt ... Laus war auch so drin! Aber vielleicht nicht so versteckt und ... nein, ich weiß nicht, was für einen Vorteil es gehabt hat, außer dass es am Körper ... man konnte sehen, dass er am Netz gelegen hatte.
Frage: Es könnte ja daran gelegen haben, dass vielleicht der Boden feucht war und dass dann das Stroh nicht so schnell feucht wird, dass es länger hält!?
J. G.: Nein! Mit dem Stroh haben wir nur solche Erfahrungen, dass es sehr angenehm (?) sehr schmutzig ist. Wir haben nur mit solchem Stroh zu tun gehabt. Außer dem Neulager, wo es ganz frisch war, aber dass es ... wir waren empfindlich ... die Haut war viel mehr im Kontakt mit dem Stroh, wenn es in einem Netz ist, als wenn es in einem dichten ... Im Dichten war die Laus unangenehmer, und in diesem war selbst Stroh, es stach!
J. W.: War da ein Ofen drin?
J. G.: Ja, es war ein Ofen ... im Revier war ein Ofen, im Finnenzelt natürlich nicht. Ich habe gedacht ... dort oben im Finnenzelt war, nicht wahr, ein Loch oben. Es war so wie ein kleiner Zirkus. Die Mitte ein Kreis, da lagen die Leute und die Mitte war leer.
Aber im Revier war es ein Ofen, es wurde mit Ästen geheizt, also nicht mit wirklichem Holz. Aber etwas Wärme gab es. Aber ich sage, wir waren total nackt, ein jeder war total nackt, damit, wenn er stirbt, es soll da sehr viel Arbeit geben (nicht ?), bis man ihn anzieht usw.
Frage: Fällt es Ihnen schwer, wenn Sie jetzt heute darüber reden oder überhaupt in der jetzigen Zeit?
J. G.: Sie sehen ja die Antwort! Es fällt mir nicht schwer, weil ich glaube, es wären Leute und Plätze, wo es schwer fallen würde. Aber so fällt es mir nicht schwer, weil ich glaube, dass es Sie interessiert. Wenn ich das fühlen würde, dass das nicht interessiert, dann würde es sehr schwer werden. Muss ich nicht ... möchte ich sagen, „Kinder, gehen wir nach Hause“!
J. W.: Dank und Verabschiedung
J. G.: Es war für mich auch sehr, sehr nützlich, darüber zu reden. Ich bin in Ungarn in solchen Fragen nicht sehr verwöhnt, bin nicht sehr verwöhnt. Die Leute ... gestern ... ich bin noch schuldig, Ihnen, gerade Ihnen ... wie das in Ungarn ist! In Ungarn haben sich die Leute gerettet, sie sagen „Das haben die Deutschen gemacht! Alles haben die Deutschen gemacht! Wir waren hier Opfer und“ ... Aber das war nicht so!
Die Ungarn, ein Teil der Ungarn, diese Gendarmen, die waren an der Sache so wild beteiligt, dass selbst die Deutschen schauten, also was da los ist. Warum die das so ganz rasch und ... die Pfeilkreuzler, ja. Und diese Schicht, die lebt noch in Ungarn!
Ich weiß nicht, weil das nicht dieselben sind, aber ... (lächelt)