Interview mit Liesl Posch, Josef Göllinger, Max Voglmaier
im Juni 2007 in Mittergars
Interviewer: Franz Langstein
I. Vorstellung
F. L.: Guten Morgen, hier in Mittergars. Schön, dass Sie sich Zeit genommen haben, um Ihre mittelbaren und … unmittelbaren Erlebnisse und Erfahrungen mit der … mit dem KZ-Außenlager hier in der Nähe von Mittergars … hier zu besprechen und … das zu dokumentieren.
Mittergars, ein schönes, altes Dorf zwischen Gars und Jettenbach an der Bahnlinie gelegen, war von 44 bis 45 ein Außenlager vom KZ im Mühldorfer Hart. Und ich bitte Sie als Erstes in unserm Gespräch, sich kurz vorzustellen! Ich darf mit der Dame beginnen!
L. P.: I hoaß Liesl Posch, bin von Mittergars, hoffentlich deaf i boarisch redn, oder? (lächelt) Wenn i hochdeitsch redn mua des … gang scho a, gell. (lacht)
F. L.: Ja, … na!
L. P.: Also, i bin do aufgwachsn und oiwei do gwen, und hab hoid dann erlebt, was si do so ois abgspuid hod.
F. L.: Frau Posch, wos san Sie für a Jahrgang?
L. P.: 1921.
F. L.: A oanazwanzger, mhm … danke!
J. G.: Mein Name is Göllinger, Josef Göllinger. I … mia san 1938 do herkema, weil mei Vater beim Innwerk war. Und na war ma do bis 53ge, und da hama hoid des do … so gseng. Also … Jahrgang 31ge bin i.
F. L.: Mhm, danke. (wendet sich an den dritten)
M. V.: Mein Name is Max Voglmaier, i bin Jahrgang 1943g, also ein Jahr alt wie die Geschichte damals mit´m KZ war. Kon mi also selba an die Zeit logischerweise nimma erinnern, aber woaß vui von den Erzählungen von meine Eltern und … die an Hof ghabt ham in 300 bis 400m Entfernung Luftlinie zum KZ-Lager.
F. L.: Also praktisch in Sichtweite, ja …?
M. V.: In Sichtweite, ja. (nickt bestätigend) … Und do is halt ständig erzählt worn, noch´n Kriag, wos sich do abgspuid hod.
II. Erste Anzeichen
F. L.: Ja … mia ham´s scho erwähnt, 44 is des begonnen … was warn denn so die erstn Anzeichen von dem, dass sich do was tun wird?
L. P.: Also, die erstn Anzeichn warn des, do han nämlich … im Juli warn doch in München die großen Bombadierungen, do hod´s so vui Ausgebombde gebn, und do han an … fast an jedn Haus san do Münchner gwohnt, de wo hoid … han do her kema, Ausgebomde. Und dann im September hod´s ghoaßn, de komman wieda weg. Do san´s nach Wang und nach Grünthal, also überall, wo hoid koa Bahn is, do wo´s zerst ned hiwoitn und do ham´s oisamt do hi miassn. Auf amoi han de bei uns a, han de zwoa Zimma, de wo da beschlagnahmt gwen han, hand wieda gramt worn: Ja, de Frau muaß weg mit ihrane vier Kinda, nach Wang oder … auf Moos (oder Daumoos?) auffe do, und … ja, warum … wos is´n jetz do? Des war des Erste! Do hama ned gwisst, was des bedeitn soid, do hod ma si gwundert, gell.
Ja, und dann hod´s auf amoi ghoaßn, ja, do untn z´Krieglham (?) (deutet nach der Seite) do han jetz so Leit do, de dean oiwei vermessn und … und … jetz deans scho Barackn aufstelln, was soitn des wean?
F. L.: San de dann bei … in diese Zimma untergebracht worn, die gräumt worn san, oder …?
L. P.: Do … do han nachad de … zum Beispui bei uns is a Bauführa einekema …
J. G.: … von da OT war der, gell ?
L. P.: … von der OT, ja (nickt zu G.), ja … mhm …
J. G.: … mhm, des war die staatliche Baufirma, gell …
L. P.: Mhm, und do warn do no a paar einekema, und des … do is na nimma dazua kema, i woaß ned, wia des ganga is do … I woaß ned, warum de na wieda ned kema han, de warn … zerst hama scho gwisst, wia de hoaßn, und wer do kimmt. Und dawei han de wieda ned kema, i woaß ned warum. Auf jedn Fall hand in jedm Haus und beim Peter Wagner, bei unsan Nachbar, des Zimma wo beschlagnahmt gwen is, do hod´s na ghoaßn, des wead a Büro. Des war heruntn bei da hintern Haustür eine, glei rechts is des Zimma gwen, a groß Zimma, und des is na as Büro worn von der OT.
Na ja, … und do han na scho Leit kema, so vo da Organisation Todt, und de oan, de warn schee ozogn, und de andern ham arbeitn miassn, des hod ma scho gseng, gell. Aber ma hod na a gsagt, was soidn des wean und so, na ham, … auf amoi hod´s ghoaßn: A Konzentrationslager kimmt her! (entsetzt) Mei, as ganze Dorf is entsetzt gwen, fürchterlich! Ja, wos wead denn des wean!?
Ja und nachad, i woaß, hod ebban gsagt, der Bauer, dem wo da Grund ghört hod, der hod gsagt: Ja, wos machts´n do, des is ja mei Grund? Na ham´s gsagt: Ja, des is jetza staatlich beschlagnahmt und des … do is nix z´macha, des … do wead jetz wos aufgstellt.
F. L.: Wia hod´n der Bauer … oda wia hoaßt´n der Bauer?
L. P.: Bein Schabinger, also … Schuster hod si dea gschriem, und i glab, dass an Eisgruber a wos ghört hod. … An Lenz Muina (Müller?), an Lenz Muina hod wos ghört nebn dro, ja.
F. L.: Guat, mia machan dann glei weida, woit i bloss … an Herrn Göllinger und an Herrn Voglmeier no fragn: Was eire Informationen san, was warn so des erste … wahrscheinlich im Somma 44 wead des gwen sei, gell?
J. G.: Ja, mia san do ois Buam so umananda grennt, wia´s hoid oft so war so … am Sonntag … na seng ma auf oamoi do untn, do stelln´s so Barackn … ham´s so Barackn aufgstellt, gell. So Barackn konnst ned sagn, des warn ganz windige Dinga, auf deitsch gsagt. Des war so Pressspan …
F. L.: Warn des Soldatn, die des aufgstellt ham, oder …?
J. G.: Na, des … des kon i nimma song. I woaß nua, weil unta da Woch, do hama ned, … do hama Schui ghabt, mia san hoid do am Sonntag, sama umanand, na hama gseng, was machan … do ham´s Barackn aufgstellt, gell! Ja, koana hod gwußt, was des is. Na hama uns denkt, no, was wead´n des für a Zeig wean, so dünnes Zeig do. Und na warn so einfache Bettn drin mit Strohsäck, gell. Hama denkt: Na ja, wean´s hoid Gfangene untabringa, oda irgendwos, gell. Aber sonst hama do nix gwusst. Und dann auf oamoi war do des Lager do. Weil ich hab ja in … Ding gwohnt …(deutet seitlich nach hinten)
L. P.: … in da Siedlung …
J. G.: (bestätigt) … in da Siedlung, der Innwerk-Siedlung, i war ja ned unmittelbar do. Mia ham´s ja bloß oiwei so mitkriagt, gell. I moa, du warst ja näher do (zu Fr. Posch) …
L. P.: Ja, freile …
F. L.: Guat, danke, Herr Göllinger. Herr Voglmeier, was wissen Sie vo die Eltern vielleicht no, die ham´s ja direkt gseng, vom Hof, hama vorhin gsagt, Sichtweite …? Was ham de gsagt, wia des …
M. V.: (nickt) Ja, mhm … I woaß hoid bloß no, und des woaß i überwiegend vo da Muatta, dass hoid fuachbar bestürzt warn, was hoid do los is, was do kummt, wia de plötzlich a die Barackn aufgstellt ham. Na hod d´Muatta erzoid, sie hod si ned vorstoin kena, wos des … wos des wead. Sie hod bloß gwusst, des wead wos schlimms!
F. L.: Ja, des warn die ersten Anzeichen, …
J. G.: Und dann no … die ersten Anzeichen, da san na Bagger aufgfahrn do drunten, gell, und Baumaschinen und na ham´s da z´baggern ogfangt, gell, für des angebliche zweite Gleis oder was des war, gell. Da ham´s´n hintn rausghoit, vo da Ein …, und hervorn ham´s es aufgfüllt, gell. Dann hod´s ghoaßn: Ja, da muass a zwoats Gleis her, weil do irgendwas verladn wead, oder was woaß denn i, gell …
III. Häftlinge kommen an
F. L.: Guat, danke. Dann is ja des Lager soweit dann vorbereitet worn und dann san … Häftlinge kema. (Fr. Posch nickt bestätigend) Ham Sie des gseng ghabt, Posch, oder … wia war des wia des Lager … befüllt worn is?
L. P.: Also mei Erinnerung, i hab des ned gseng natürlich, mia san ja do drobn. In oia Frian (aller Frühe), mia han a scho grod bein Stoi einakema, hod´s am Fensta oklopft, jetz is d´Nachbarin gwen. Na sogt´s: Macht´s mar auf, i bin ganz aufgregt. Ja, wos is denn? Sogt´s: Stellt´s eich vor … bei dera han a obnauf zwoa Zimma beschlagnahmt … also, do hod die Familie rausmiassn do, de han auf Wang auffe kema … und do han jetzad Leit eikema von der Organisation Todt. Ein Herr Hartl und des anda woaß i jetz nimma, wia der ghoaßn hod. Mei, hod´s gsogt, wos ma de verzählt ham, gestern auf´d Nacht. Ja, des is ja furchtbar … des wead jetz a Konzentrationslager. Ja, des han lauta Judn, wia de ghundst wean, wia de Hunga leidn miassn! Des is ja ned zum Ausdenga, sogt´s, mei, do kimmt wos auf uns zua! Des is mei erste Erinnerung! (sehr lebhaft)
(G. nickt) Natürlich sama oisamd entsetzt gwen, gell.
J. G.: Ham´s de mit …(unverständlich) bracht, weil bei da Bahn … ah, bei da Nacht wahrscheinle … ?
L. P.: (zu G.) Des … des woaß i ned, mia ham des ned gseng, mia hama ja do drobn gwen, aber de Männa vo der Organisation … und der oane, Hartl, die Leit warn a ned gleich, der oane, dem war´s wurscht wahrscheinle und da anda, der hod gelittn, der hod wirklich gelittn drunta. De warn do von da Frankfurter Gegend, von Hanau do drobn han de hergwen, de san so Kriegsbeschädigte gwen, de ham do Postn macha miassn. De wo nimma … also, … Frontdienst tauglich nimma gwen han. Und … und der hod hoit gsagt, der is jetza scho fast zwoate Jahr dabei, und was er do mitmacht und des is ganz furchtbar und des war unsa erste … des is mei erste Erinnerung.
F. L.: Wann war´n des ungefähr? Weiß des jemand (blickt in die Runde), wann des Lager … war des … ab September oder Oktober … oder November …
L. P.: (überlegt) Bestimmt … ah, wia´s herkema han?
J. G.: Des miassad in Oktober gwen sei … im September ham´s die Barackn aufbaut … (P. bestätigt) (die beiden andern nicken bestätigend) … is schnell ganga …
F. L.: … im September aufbaut und Oktober dann … (zu V.)
M. V.: … Oktober dann der erste Bezug dann von die Insassn … so Oktober, November san de dann kumma.
F. L.: Und san de do gwen … und ham die dann versorgt wean miassn, is do Ihr (spricht V. an) elterlicher Bauernhof do mit … eigspannt gwesn? Denk ma, Wasser … oder …?
M. V.: Ja, die Wasserversorgung, do san´s … wahrscheinlich war´s der Halm (?) der KZ-Führer damals, der … Oberführer … der is kumma und hod zu meine Eltern gsagt, sie miassn dafür sorgen, dass die Häftlinge und a des Wachpersonal mit Wasser versorgt wird. Es war koa Wasseranschluss vorhandn beim KZ, und dann hod ma hoid a Wasserfass gmacht. Des war früher war´s a Odlfassl, hod des greinigt und hod also dann täglich oamoi hod … ham meine Eltern do ´s Wasser rüberbringa miassn mit am Pferdlfuhrwerk. Mei Vater hod des dann einer Magd beauftragt, die do täglich oamoi a Fass Wasser rübergfahrn hod.
J. G.: Ja vo eierm … habt´s ihr an Brunnen ghabt, an Tiefbrunnen oder was? Oder (V. verneint) vo der Wasserleitung …
M. V.: Na, des is halt von der Wasserleitung abzapft worn …
L. P.: Habt´s a … Athesn ghabt?
M. V.: Mia ham a Athesnwasser ghabt mit an Wiedan (?). As Wasser hod uns ja in dem Sinn nix gekostet, aber do is des Fass voi gmacht worn und na is die täglich nübergfahrn und do gibt’s …
J. G.: Oamoi an Dog …?
M. V.: Oamoi an Dog, und do gibt´s a die Erinnerung, dass später dann, wie die erstn Toten … oder wie die Totn … zustande kumma san, dass de beim Wasserfass, oder bei dem Wagn, wo´s Fass drauf war, die Totn nauf gschmissn ham, und vom Arbeitsplatz, meistens san´s ja am Arbeitsplatz tot umkippt oder um´s Leben kumma, dann zum Lager gfahrn worn und teilweise sogar dann no weida in des Massengrab hin.
F. L.: Der Arbeitsplatz war wo? Wo ham die Häftlinge gearbeitet?
M. V.: An der Bahnlinie.
F. L.. An der Bahnlinie! Des was Sie vorher erwähnt ham?
M. V.: Die ersten Arbeiten warn da an der Bahnlinie, wo des zwoate Gleis gmacht worn is.
J. G.: Do ham´s ja a so a Barackn aufgstellt, wo dann so a Frau gwohnt hat, de hod so kundn … na, da Eska (SK?) war dann drin noch´n Kriag (die beiden andern bestätigen) … des war a a Barackn, gell? (Nicht ganz verständlich)
L. P.: Ja, des war von der OT.
J. G.: Von der OT a no, Bauleitung, oder wos?
L. P.: Ja, ja, mhm …
F. L.: Jetz sama so beim Thema: Wasser, Essen … welche Erinnerung ham Sie denn daran, wie war denn die … des … die Verpflegung? Und was is … da gibt´s sicher a Gschichten da drum …? Dass ma was gebn woit, oder …
J. G.: Vui is do ned durchgsickert. I kann mi nua oamoi erinnern, in da Schui … da glaub i war amoi oana do vom Lager, und dann hod da Lehrer zu uns gsagt, mia soll´n dahoam song, sie deafan do nix … soin do nix mehr eine schmeißn. Brot ham´s eigschmissn und Äpfel und wos hoid so do war, weil´s gseng ham, wos des für abgmagerte Leit warn,gell. (P. bestätigt: Freile!) Und de kriang genügend zu essen! hod der gsogt, do braucht´s nix einedoa, gell
F. L.: Drüberschmeißn, des hoaßt, des war eingezäunt, des Lager?
J. G.: Ja, des war ois eizäunt.
L. P.: A hoher Zaun und … der wo nach innen bogn gwen is … (zeigts mit der Hand an) …
J. G.: Ja … des muass unterbundn wean, … des geht nimma so weida, hod a gsagt, de Leute kriegn genügend zu Essen!
F. L.: Mhm, … Frau Posch ham Sie no a Erinnerung …?
L. P.: Ausgschaugt, … ausgschaugt ham´s ned a so, als wenn´s genügend zu Essen kriegn. (G. schüttelt den Kopf bestätigend) Wenn ma´s a so gseng hod, kahl geschorn … und (G.: ja, des sowieso) und so gstreifte Anzüg o, also ganz verbrauchte ausgwaschne … und d´Fiaß hand umwickelt gwen mit Zementsäck …
J. G.: … Zementsäck … wo´s koid war dann, gell …
L. P.: Ja, … im Winter … und so ganz primitive Holzpantoffel ham´s oghabt (G. bestätigt: Hoizschua ham´s oghabt). Und wenn´s an Winter, do ham´s oiwei in´d Arbeit geh miassn d´Oachenau (Eichenau?) hintre, und do han´s oiwei bei uns vorbeiganga. Und do wenn´s Schnee ghabt hod, de Hoizschua hamd recht aufklappt, na han´s a so dahi gstolpert (macht so ruckartige Körperbewegungen) die ganz Zeit, weil´s nimma gscheid geh ham kena, weil´s imma wieda den Schnee obakratzn ham miassn.
J. G.: Die san ja do auffe marschiert … do ham´s doch in da Nähe vom Schnee, Steh (?), do wo jetz da (unverständlich Staff?) do ham´s doch a so Barackn aufgstellt, gell?
L. P.: Ja … do hinta da Hochstraß, i woaß ned, was do …
J. G.: Ja, ja … über Neuvatergmund (?) … do hab i´s a oiwei gseng, wia mia in´d Schui ganga san, do han´s oft auffa marschiert do, gell … die halb verhungertn Gestaltn do, wia ma song deaf … die SS mit Hundn, und de wo nimma geh ham kena, do ham´s so a Wagl dabei ghabt, do ham´s es do einegsetzt, gell …
L. P.: Und i hab die Erinnerung, wenn´s bei uns vorbei han an da Fria, do war´s oiwei no ziemlich finsta, weil´s ja im Winta gwen is, ned. Und do ham´s oiwei oa do so untaghackt ghod (zeigt´s an) … zwee, die wo no bessa geh ham kena, und den andern ham´s a so daher gschloapft (gezogen), der wo d´Fiaß so hint aussehänga hod ghabt, weil a nimma gscheid … aber der hod mitmiassn!
J. G.: Die wo zsammbrocha han, de ham´s ins Wagl ei …
L. P.: Und hoamzua … aber hoamzua, da ham´s na oft, des hama oiwei beobacht, a so Tragn ghod, grad so Prügel, und do han so Strick drüba gwen und do is oana draufgleng, und do san d´Fiaß so wegghängt und da Kopf is oweghängt … (zeigt´s an) … ob nachad de krank gwen han oder gstorbn, des woaß i ned. Auf jedn Fall han de do …
J. G.: Do ham a d`Leit oiwei wos higschmissn …!
IV. Hunger
L. P.: Ja, des war´s ja …! Mia hama´s a oiwei … bei uns is da Gartnzaun ganz nebn da Stroß, und do hama oiwei so kloane Brotstückln higlegt … Des is a Zeitl guat ganga … und auf amoi is do ein Geschrei losganga, wenn de … wenn der des … Do war hintn a Postn und vorn oana, gell. Und wenn der hinter des gseng hod, na is … ein Geschrei war des, fürchterlich …! (Hält die Hand vor´s Gesicht) Juda! Juda! ham´s oiwei gschrian, gell, wenn oana … also ogredt worn war, weil koan Nam hama ja de nimma ghabt, gell! Nur noch: Juda!
J. G.: Ja, die Leit ham hoid Mitleid ghabt und ham do Zeig higschmissn, gell. Also manche ham …manchmal ham d´Postn a einfach weggschaut … do hod ma´s aufhebn kena, gell … aber, die meisten ham hoid die Leit gsagt: Weg, weg do … de … es habt´s do nix verlorn do, gell …
L. P.: (bestätigt) … aber … de Postn ham si ja a fürchtn miassn … (G. bestätigt: Freile … sonst war´s eana schlecht ganga!) Schau … unser Nachbarin, da wo de … die Frau Türstein, da wo de … die zwoa Postn do unterbracht gwen san, die zwoa OT-Leit, der hod … de hod nachad …
J. G.: (unterbricht) … des warn ja SSler, gell? Die Bewacher …?
L. P.: Na, … na, des warn OT-Leit, die wo, song ma, die Arbeitn bewacha ham miassn, aber de …
J. G.: (unterbricht) aber … ja, de scho … aber de … Lagerbewachung …
L. P.: Aber die SSler ham … wieda de OT bewacht, sozusong, gell. Und … ja, etzad … hod der … hod oiwei gsagt: Meine Güte na, die Leit san verhungert. Und wia ma … mia hama selba amoi Kiesfahrn miassn, weil´s sonst … mit den vuin Fahrn do ham die Bauern oiwei Zement fahrn miassn, und des war ja do draußn koa Kreisstroß, des war ja a Feldstroß, ned … Jetz is die so kaputt gwen, dass ma nimma schgeid fahrn hod kena, jetz hama hoid a Kies gfahrn. Und hab i na gsagt zu dem oana do: Wia is´n des, kema do scho an Kies durche, die Stroß is kaputt? Ja, sagt a, hoid´s nur oan, nehmt´s nua koa große Stoa … also, des war a SS-Mensch, der des gsagt hod. Und schaugt´s dass a … Mei na han glei a vier, fünf Judn her und ham´s auflegn ghoifa do. Do hod a aber nix gsagt. Na ham de oiwei gsagt: Brot! Bitte Brot! (G. bestätigt) Brot! Brauchen Brot! Kartoffel …! (atmet schwer)
J. G.: Die ham si denkt, da is a guate Chance, wenn ma do mit privat a bissl was macha kon …
L. P.: Ja, freile … ja, mia ham nachad scho … an dem Bretterwagn, gell, do hod ma de Bretter umglegt ghod, oans und den andern, do is ma draufgsitzt, und unter dem Brett drin hod ma na Brotstückeln ghabt. Na han de glei hergrennt und ham do des Brot gnumma, eigschobn und nachad ham´s garbeit, gell. … Und na ham´s wieda gsagt: Brauchen Salz … weil´s Kartoffel ham´s manchmal kriagt.
(zu V.) Also die Marie, enga Dirn do, die hod … die hod unendlich vui eine … einegschwindelt, muass ma glei song, weil die hätt´s ja a ned doa deafa. Aber de … des war a so … de war do … um a Jahr älter wia i, 24g Jahr oid, und de hod do oiwei „Griaß de!“ und umananda gschrien mit die OT-Leit do, …
M.V.: … für gute Stimmung gsorgt …
L. P.: Ja, … und na ham´s es ganz überseng, dass de oiwei do was einebracht hod.
J. G.: De ham si denkt: Mei, de wead do ned vui zreißn!
F. L.: Herr Voglmaier, ihr, der elterliche Bauernhof … is do a Essn rüberbracht worn, Kartoffeln … oder, habt´s ihr do was liefern miassn? Außer Wasser …?
M.V.: Also i woaß bloß, dass täglich um Muich kumma san, zwar … Gefangene mit am Aufseher. Des warn oiwei so drei, vier, fünf Leit und de ham, i woaß die Menge ned, aber ziemlich vui Muich ghoid bei uns. Des war also täglich. Dann war´s hoid a a so, dass mei Bruada, mei älterer Bruada, der in München wohnt, der erzoid, der is 38g geborn, der war also damals 6/7 Jahr oid, dass der immer a … Säck am Bahndamm runta gworfa hod, also runta kullern hod lassn, mit Essensinhalte. Und des hod mei Muatta imma dem Buam ogschafft, weil sie se denkt hod, da passiert am wenigsten, wenn des a Kind macht. Bis hoid a amoi so weit war, dass amoi gsagt ham, er soid … sie soin des unterlassen, weil sonst gibt´s Probleme.
F. L.: Ja … jetz hab i Essen, schlecht gekleidet … ausgemergelte Gestalten … und … jetz hab i a … eigenartige Frage vielleicht: Wie war´n dann des … Weihnachten 44ge im Dorf, … kon si do jemand erinnern? Weil des, … war des a getrübte Stimmung oder …
J. G.: … des war hoid übliche Kriegsweihnacht (lächelt leicht) …
L. P.: Ja … des war scho … ganz … fast in jedm Haus hod´s scho Tote gebn. Mei Bruada war vermisst, mit sieb … mit achtzehnahalb Jahr, und do hod ma natürlich scho oiwei denkt … mei Muatta hod oiwei gsagt: Mein Gott, wenn´s unserm Buam a a so geht, wia dene, ned, wenn der a in Russland is und … wos wead do sei? Do hod ma scho gelittn! Furchtbar!
J. G.: Na ja, i kon mi no erinnern, mia ham do ois verdunkeln miassn, gell, damals. Wo da Kriag ausbrocha is, na is von dem Tag ab, 39ge, hod´s ghoaßn: Ois verdunkeln, koa Licht mehr ausse kimmt, gell! (P. bestätigt) … Und de ham do hell beleuchtet ghabt dieses Lager do, woaßt des no? Mit Scheinwerfer! (P. bestätigt) Des host ja bis an Bahnhof auffe gseng. Aber komisch, de Fliaga ham do nix …
M. V.: Des hod mei Bruada a oiwei erzählt. Der hod a Schlafzimmer ghabt, do wora oiso genau auf den Platz higseng hod. Und der sagt um viere in der Fria is´s Geschrei losganga. Do san de … ham de antretn müssn, gschrien ham de Capos, gschrien ham aber a die Häftling, weil die so gequält warn und weil´s so schlimmes mitmacha ham miassn.
J. G.: Mir haman´s gsagt: Was soll´n des ganze, mia miassn verdunkeln und de machan do hell, gell!
F. L.: Hod jemand vo eich a Vorstellung, wiavui Leit dass ungefähr drin warn oder? … Man is ja ned neikema. Ma hod´s ja bloß bei die Arbeitseinsätze gseng …
F. G.: Als Außenstehender hod ma koan Einblick ghabt …
M. V.: Von die Aufzeichnungen hoaßt´s, dass 350, ca. 350 Häftlinge do warn. Und 42g Tote … hod´s gebn in dem KZ-Außénlager Mittergars! Do gibt´s a so a Todesliste, wo die namentlich genau aufgführt san.
F. L.: Ja, und des war dann hoid bis zum … Winta durch und is bis zum Frühjahr … und dann hod´s ja die ersten … wahrscheinlich Auflösungserscheinungen gebn oder … oder gibt´s no was zum Erzähln aus Ihrer Sicht aus der Zeit Januar, Februar, März …?
J. G.: Mei, da gibt´s na nix mehr. Ma hod sie irgendwo an des Lager na gwohnt ghabt, gell. Des is do … und mei Gott (zuckt mit den Schultern) …
L. P.: Ja, aber ma hod oi Tag vorbeigeh miassn, mia hama unsa Hoiz do drobn und … mia ham oiwei ins Hoiz geh miassn, und wenn ma do oiwei vorbei ganga is, do is oam ganz koid owe glaffa …
J. G.: Mia san hoid als Buam manchmoi mit´m Radl vorbeigfahrn, wenn ma auf Kroaburg san, und do warn na die Schilder: Stehnbleiben verboten! (P. bestätigt lächelnd) … War da ned gstandn: Wer … ding … wead ohne anschießen(Anrufen) erschossen!? Oder so a ähnlicher Text.
L. P.: (unterbricht) Na, des woaß i … des woaß i ned, des kon scho sei, des woaß i ned …
J. G.: I woaß nimma genau, wos do gstandn is … und mia san hoid do so langsam vorbeigfahrn, dass ma do a bissl wos gseng hod. Aber vui hama ned gseng. Manchmoi wenn´s oa … amoi, i kon mi erinnern, do han´s hinter oan herglaffa, des war irgend a so a Capo, und der hod auf den eigschlagn (zeigt´s mit der Hand an), gell. Und dann gab´s koa geh ned, die musstn alles im Laufschritt macha, gell, geh hod´s do ned gebn! Nur laffa! (P. bestätigt: Ja, nur laffa! Wirklich war, ja!)
F. L.: Herr Voglmaier, ham Sie no was …?
M. V.: Ja, eigentlich a paar scho bemerkenswerte Einzelheitn, z. B. dass ein Häftling … angeblich irgendwas angestellt hat, in den sog. Bunka komma is, des war oiso ein … as Betonfundament steht ja no do! Also der Bunka steht no, der hod so ca. 3 auf 3 Meter und is 2m50ge hoch. Und der is über Nacht, … des war sozusagen des Gefängnis im Gefängnis, … und der is über Nacht in den Bunka gsperrt worn. Und unsa … also mei Familie hod´n schrein ghört, stundenlang, und de ham den dadurch gequält, dass obn Wasser neilaffa ham lassn in den Bunka. ( G.: die übliche Folter!) Also auf den hat´s Wasser getropft und am nächstn Tag in der Fria war a tot.
J. G.: Ja, bei der Kälte …!
M. V.: Des war … bei der Kältn hod der des ned überlebt …
F. L.: Hod des die Magd berichtet dann, oder …?
M. V.: Des woaß i von meim Vata …
F. L.: Mhm, der Vata hod des …
M. V.: Der Vata hod a dann die Todesliste … hernach untaschriem, warum, woaß i ned, wahrscheinlich san die Amerikaner dann zu eam kuma, weil der vielleicht ziemlich vui mitkriagt hod von den Totn do. Und der hod des dann a erzoid dem … damaligen … Amerikaner, der do komma is dann.
Und a anders Ereignis war, dass oana geflohn is, den´s dann bei Haag gstellt ham, und der sich im Haager Gefängnis, den´s dann ins Haager Gefängnis eigsperrt ham, und do hod er sich erhängt. Der steht a auf der Totenliste …
L. P.: (unterbricht) Sich gehängt oder gehängt worn?
M. V.: Ja … also es steht do: Er hat sich selbst erhängt.
J. G.: Ja, des kon scho sei, weil a gseng hod, die bringan eam sowieso um, gell …
L. P.: Do gibt´s koane Zeugen …!
M. V.: Oa Ereignis noch, das mei Muatta anscheinend noch ganz schlimm betroffen gmacht hod: Es is dann ein KZ-Häftling, ein gewisser Max, der meine Eltern guat bekannt war, weil der imma beim Muich hoin dabei war. Des hoaßt der hod scho a bissl … a bissl so an oberen Status ghabt innerhalb der Häftlings-Hierarchie. Der hod d´Muich hoin deafa. Und der kommt eines Tages zu meine Eltern und sagt, sie möchten ihn bitte versteckn, er is geflohn, zusammen mit am andern Häftling. Den andern Häftling ham´s erschossn, und er is auf der Flucht und sie miassn eam verstecka, sonst is des der sichere Tod für eam. Und dann ham´s ´n im Gewölbe zwischen Stoi und Heibodn, do is doch a so a Fehlraum drin (die beiden andern bestätigen) (P. an böhmischen Kolb(?) ned?) und do ham´s´n versteckt, und dann war a, an Zeitraum woaß i nimma so genau, 5/6 Wochen do in dem Gewölb drin …
J. G.: So lang?
M. V.: Ja! Und mei Muatta hod in der Zeit den mit Essn versorgt. Die is oiso 3mal am Tag naufganga und hod ihm in … beim Heiloch, song mia, also wo des Hei runta gworfa worn is, hod´s ihm as Essn reigreicht. Und wia da Kriag dann gar war, hod a raus deafa, wie die Amerikaner komma san, dann hod a nimma steh kena, weil a so lang in der gebückten Haltung drin war, dass a nimma steh hod kena.
Aber do woaß i hoid von meina Muatta, dass die ganz vui Angst ghabt hod, weil wenn des aufgflogn wär, hod´s gsagt, dann wär´s entweder daschossn worn oder a nach Dachau bracht worn … (die beiden andern bestätigen heftig)
J. G.: Is do nia oana kema, der amoi nachgforscht hod, von der Lagerleitung, ob do oana do is, oder ob ma´s gseng ham …?
M. V.: Des woaß i jetz ned …
L. P.: A in den Fellbodn (?) drin hättn´s ´n a ned gfundn…!
J. G.: Ja, mit Spürhund …
F. L.: Also danke, san sehr … sehr beeindruckende Berichte natürlich … Frau Posch, gibt´s von eana was, mit der Zeit, da wo da Kriag dann …?
L. P.: Ja, also i woaß bloß hoid des oane: Wenn de oiwei vorbeiganga san, und der Hartl is, der vom Nachbar do … eiquartiert worn is, der is oiwei vorausganga und hint nach ia a anderna ganga. Und eines Tages amoi is der Hartl mitsamt seine ganzen Häftlinge do beim Türstein draußd bei da Haustür eine, er hod d´Haustür zuagsperrt, d´Schlüssl ozogn und hod gsagt: Frau Türstein, hod a zu ihr eine gschrien, mia is zu kalt, i muss ma jetz a paar Sockn hoin, a paar … zweits Paar Sockn anziehn.
Jetz han de auf sie zua. Sie is auße … grod … um Gottes Willn, was is´n jetz do los? A zwanzg Leit oder was. Na hod´s gsagt: Ja, was is denn jetz? Na ham de gsagt: Brot! Brot, bitte Brot! Sagt´s: Ja mei, so vui Brot hab i ned in Haus! Ja was dua i denn jetz? Aber … i hab ja heid scho an Kessl voi Kartoffl gkocht … für ihrane Viecha hoid. Na hod´s den Kessl einatragn, hod´n higstellt an Hausgang an Bodn hi, na hand de drüba hergfoin! Oana hod´n den andern aus da Hand grissn! Dass eam denkt hod: Ja,de bringen si ja um! Na hod´s gschrien: Hartl, geh weita, du muasst owa geh, die bringen si ja um! Na sagt a: Frau Türstein, wenn der Mensch am Verhungern is, do nimmt a keine Rücksichten mehr! Sie deafan bloß jedem eine Kartoffel gebn, solang oa do han. Anders geht des ned.
J. G.: War des scho gega Kriegsende, oder?
L. P.: Des war … vielleicht im März …
J. G.: Im März, ja … do war´s no ned aus …
L. P.: Im März, ja … da war no von Kriegsende no …
J. G.: Was hoaßt Kriegsende … a jeda hod´s gwusst, dass boid aus is. Bloß d´Nazis selba ned … ham´s ned glabt … (lacht)
L. P.: Des scho … aber do han´s ja erst nachad richtig … wütend worn, wie´s gmerkt ham … wia´s geht! Na ja, und na hod´s gsagt: Ja Hartl, wenn i des gwisst häd … Ja, sogd a, i woaß ja des selba ned! hod der gsagt. Wenn … i woaß des ned. Und do hod´s hoid grad passt, dass zwee krank worn han, so Postn. Jetz hod do koana mitkena, war a alloa. Sagt a: Wenn i oan dabei hab, i kon koan traun vo unsane Leit, keinem Einzigen. I muass jetz schau … es geht nur, wenn i alloa bin. Ungefähr … drei Mal moan i hod des glückt. Mei und mei Muatta hod eana na a Brot ausse und Äpfel und Zeig. Mei do han´s so froh gwen und han so begeistert gwen.
Aber des is einfach ned ganga, weil der wo hintn ganga is, er hod ja dem ned neigseng!
V. Lagerauflösung
F. L.: Ja, jetz hama scho gsagt Kriegsende, März, April is dann worn. Dann hod´s wahrscheinlich, denk i mer … Ende April, bis zur Auflösung … is. Wann is des Lager … wann hod si des … und wia hod si des aufglöst dann? Wie warn do die letzten Tage?
J. G.: Also, ich kann mi erinnern, die letzten April-Tage, da bin i no nach Kraiburg gfahrn, weil, da hod´s irgendso a Zuteilung no gebn. Für jede Person im Haushalt 1 Kilo Zucker … warn oiwei so Aufrufe, gell, so Sonderzuteilungen. Ja, hama … bin i do owe gfahrn mit´n Spezi, na warn ma do druntn beim Gronauer, früher der Großhandel (P. bestätigt). Jetz kema do hi, jetz stehn do scho an Haufa Leit do, ned, die wo alle an Zucker wolln. Und dann hast scho ghört, irgendwie Dröhnen do drunt Waldkraiburg Richtung. Panzerdröhnen ghört, MG-Schießerei do, Knallerei. Aber, jetz war ma scho mal drunt, … na hama kaum drunt gwen, jetz war Fliegeralarm. Und der Himmel war bewölkt, bedeckt. Na hama scho gsagt: Auwe, wenn jetz do de Lightning runterschiaßn, kennst scho, de mit´n Doppelrumpf, die wo so gfährlich warn do, gell. Dann hama verlorn, wenn de die ganzn Leit do seng.
Also hama do in … in die Innauen do eine dawei, gell, und dann hama gmerkt, Flugzeuge san drüber, na sama do wieda hi. Na sama glei bei die ersten … na hama schnell unsern Zucker no kriagt. Na hama hoam und dann san do oa raus von dem Lager, des warn vielleicht fünf oder sechs Häftlinge und a paar SSler, Uniformierte. Na ham´s a Wagl ghabt, und do ham´s so Kistn draufglodn. Da hod ma aber scho gseng, in dem Lager ist nicht mehr viel los. Jetz woaß i ned, warn des die Erstn, de do raus san, oder warn´s die Letzn. Die san dann, do hast scho nimma vui gmerkt in dem Lager, na hod ma denkt: Aha, jetzt lösn´s irgendwie auf …
L. P.: Ja, i hab´s hoid gseng, i bin in´d Höh auffe ganga zum Aufbettn und hab´s Fenster aufgmacht. Ja, was is´n do … do sigd ma agrad übern Bahndamm drüber bei uns, ned. Ja, do gehn ja lauta Häftlinge! Ganze Kolonnen! Ja, so vui Leit! Und … aber, i hab ned gwisst, was do is! Do han´s aber furt …
J. G.: Ja, do san a welche, do san a andere do duachmarschiert, vo Flossenbürg (?) a Teifl und daher … da ham´s doch dann hinter … Schnoadsee (Schnaitsee) einige daschossn (P. bestätigt) …
L. P.: Ja, ziemle …do z´Sandgruab … (unverständlich drei sprechen gleichzeitig)
F. L.: Herr Voglmaier, was wissen Sie da no, wie des Lager … oder Ihre Eltern?
M. V.: Ja, zum Ende … i hab also do no a Listn vorliegn, die stammt vom 16. 4. 1945 (liest ab), wo also aufgelistet … 20 neue Häftlinge dem Waldlager Mittergars no zugwiesn worn san, also am 16. April! Des konn bloß no a paar Tag vor Lagerauflösung gwesn sei, aber Tatsache war, dass´s do no Bestand ghabt hod!
Und was meine Eltern a imma wieda erzoid ham, dass dann, wie die KZ-Häftlinge wegkumma san, …
F. L.: Mit´m Zug wegkommen oder zu Fuß …?
M. V.: Na, mit … mit … (P.: Marschiert!) marschiert, de san marschiert.
L. P.: San´s wegmarschiert, ja! (G.: do is ois z´Fuaß …)
M. V.: … dass dann sogar no … vorübergehend 300 russische Gefangene kurzfristig in des Lager kumma san. … Und de (P. bestätigt) woaß i also von meim Vata her, des erste, wia de 300 Russn kumma san, war sofort da ein Riesenernährungsproblem. Do san dann die Aufseher zu uns dahoam auf´n Hof kumma und ham oiso verlangt, dass da Vata ein … Stiern schlachtet, damit´s do a Fleisch ham. Später is die Gemeinde Mittergars eigsprunga und hod da in da Gemein … hod ma gemeinsam do des Essn …
J. G.: Weil die ander … ding … hod ja dann nimma funktioniert noch … d´SS wegwarn, gell. (beide bestätigen) … von dene … de Lebensmittelsach …
L. P.: Aber i woaß ja, die Russn …
J. G.: (unterbricht) … die warn doch beim Wirt drin amoi, woaßt as no, so Russn …
L. P.: Na, also, die wo beim Wirt drin warn, des warn eigentlich fast lauta Mongoln, recht große, kräftige Leit, … jo, oisamt so schlitzäugige, und de hand do draußn umanand gstandn und ham do mit die umghängdn Gwehra … und ham do de Leit bewacht. Also, de han alle bewaffnet gwen. Und i woaß, wia uns des passiert is, mia hama doch do oiwei ´s Hoiz ganga, und na ham mia a no hoid an Russn ghabt, der wo … wia mei Bruada eirucka hod miassn, mei Vater war ja scho krank damals, jetz is neamd mehr do gwen. Und der Russ, der war 18 … siebzehn Jahre, wia er kema is, achtzehne nachad, und der hod an kloan Bruada dabeighod, an Zehnjahrign. Ja, und der is hoid mitglafa, der Bua, und do hama oiwei do auffe ganga und oiwei do vorbei und na geht der Alex, der zehnjahrige geht do hi. Der hod an Apfel aussazogn von Hosnsack, und do hod a Russ … ah, so a Pol … na, a … a Jud hod do Kalk grührt, woaßt scho, a so … oglöscht. (G. bestätigt) An Kalk oglöscht, ja … ganz nebn da Stroß, a ganz a bucklada Oida, i sig´n no den Kerl. Und der Alex geht do vorbei und lasst den Apfel foin und geht weida und der schaugt, buckt si, hebt den Apfel auf, beißt owa und den Moment – do drunt is a Schuidaheisl (?) gwen, des ham hoid mia ned gseng, gell, und den Moment rennt do der SS-Mensch aussa, reißt´s Gwehr owa: Juda! Juda! Um Gottes Willn!
Der hod na zerst bissn, sein Apfl do, na der: Her! Schneller! Schneller!
Jetz hod der do owe laffa miassn zu dem hi, mia hama na weidaganga, mei, mia is vielleicht Angst worn! Jetz hod der aufzogn mit´n Gwehr (zieht mit den Händen über die Schulter): Was hast´n … was frisst´n da? hod a oiwei gschrien. Ja, na hod a hoid den Apfl: Schmeiß´n weg! … Spuck aus! Na hod a ausspucka miassn. Na is a mit seine Stiefl hi und hod des ois gstampft den Apfl do, an März, do wo … so a oida Apfl, ned. Was is´n des scho gwen …
J. G.: Die warn ja selba a scho nervös, weil´s gwusst ham, dass boid aus is …
L. P.: Ja, und dann hod a … is a do drauf gstampfelt und der is wieda auffaganga. Mei, mia is ganz mulmig gwen. Mein Gottes Willn na …
F. L.: Jetz ham´s eich ja … die Häftlinge verlegt, die SS a, dann san die Russn kema und kurzzeitig wahrscheinlich, dann san de a wegad … es is aber was do bliem vom Lager … es san a …
J. G.: I kon mi a an die Russn erinnern, des warn so junge Kerle, die ham Fliaga gschnitzt, woaßt des nimma? (zu P.) So deitsche Fliaga aus Hoiz. Und de ham´s vaschäbad (eingetauscht) gegen Brot.
L. P.: Ja, des san de gwen, die wo beim Wirt obn gwohnt ham. Ja de san de gwen, de wo do Postn gwen han.
J. G.: Ja, ja. Do hama mia von dene Fliaga mitgnumma, dene hama irgendwas gebn, a bissl a …
L. P.: (unterbricht) …mhm, und so Antn, di wo si so schee … also wunderbar, wos de ois gmacht ham … (G. bestätigt) …
J. G.: Die miassn aber ned so streng bewacht gwen sei, vielleicht warn des welche, … (P. De ham ja Gwehra umghängt ghabt!) da hod´s doch oa gebn, da hod´s a Russn ghabt, de ham auf Hitler´s Seite gekämpft, so wia in Ungarn, gell.
VI. Massengrab und Exhumierung
F. L.: Guat, aber jetz gema von dem … wegga … is ja was dobliem vom Lager, und i denk ma … die Totn san vor allen Dingen dobliem vom Lager, oder? As Massengrab is ja dogwesn, und dann in da Nähe a, auf da andern Seitn oder ned ganz auf da andern Seitn von Ihrem elterlichen Bauernhof (zu V.) Was is´n dann mit dem Massngrab passiert?
M. V.: Also, es is folgendes gwesen, dass kurz nach´n Kriag dann de verstorbenen Häftling ausgegrabn worn san, exhumiert worn san, oder verlegt worn san …
F. L.: (unterbricht) Von den Amerikanern, oder …?
M. V.: Na, praktisch unter Aufsicht von den Amerikanern (die beiden andern bestätigen), aber grabn ham miassn de damaligen …
J. G.: … die bei da Partei warn …!
M. V.: die SS-Leute, und die ham die Totn dann … zu am neu angelegten Friedhof nach Lohen transportiert. Nach Lohen, bei Mittergars da, …
L. P.: Do is so a große Eiche gstandn …
M. V.: … des is also vom Waldlager, oder von dem Lager zwoa Kilmeter, 1 1/2 Kilometer weg. Und do war dann des, dass die Bevölkerung higeh hod miassn (die beiden andern bestätigen) und zuaschaun hod miassn, wia die Leichenteile do vergrabn worn san.
L. P.: Is recht a schwüla Dog gwen, ned …
J. G.: Do war … do is oana kema von da Gemein … hod oana eigsagt von der Gemeinde: Ja, jeda muass do hi, bloß wer kloane Kinda hod, der kon dahoam bleim. D´Männa warn ja sowieso in da Arbeit. Do warn na hauptsächlich oide Leit do und Frauen und … kloane Kinda warn ned do. Also i war damals 13, na sama do hi, gell, warst a dort? (zu P.) …
L. P.: Ja, i hob a rechte Mandlentzündung ghabt und bin auf´m Kanape hintn glegn: Ja, i kon ned auf! Und i bin durch des weg … also auskema eigentlich … i war ned dort!
J. G.: Du warst ned dort !
F. L.: Also … de san aber ned verbliebn dort …?
J. G.: Na Moment, jetz muss i erst verzähln, wia des obglaffa is. (L. Ja, bitte) … Also, mia keman do hi, an Haffa Ami dort, da war irgend a so a … do ham´s a Harmonium aufgstellt (P. bestätigt), do hod oana gspuid, do hod´s ghoaßn, des is irgendso a … was war des, a jüdischa Pfarrer, oder was, und der hod a bissl gsunga und gspuid. Und hinter uns warn d´Ami gstandn mit aufgepflanztn Dinga do … mit MG umghängt. I glaub, die ham imma Angst ghabt vor uns und Panzer han gstandn. Warn ganz schee vui Leit dort, und dann hod der a Rede ghoidn und dann hat´s gheißn: Särge auf! Hama denkt, was is jetz los, gell?
Dann ham de, diese PGs, die Ding do … i woaß ned, wie des ois warn, die warn do scho bereit gstandn, san´s higanga, ham olle Särge aufgmacht. Oh, des war a Schock, gell. Die warn do drin, manche, die warn erst kurz drin, die warn so aufgebläht, gell (zeigts mit den Händen an) muass ja do innen scho ois gärt ham … und manche, die wo scho länger drin warn, die warn scho ois so eigfoin, gell. (zeigt an Oberkörper und Gesicht). I sig´s heid no, die warn olle so grau!
L. P.: Des ham´s oiwei gsagt … und so vui Fliagn han uma gwen, gell …
J. G.: Ja … und hoaß war´s, des war ein Gestank da dort …!
F. L.: Des war sicher a Schock a für die Leit, des …
J. G.: Für alle Leit war des … i war damals 13 Jahr oid und … de Leit, die wo ned higschaut ham, ham de Ami die Köpf umedraht (P. bestätigt) Weil manche ham ned hischaun kena … Ja, guat, mia warn 13 Jahr oid damals, (zuckt die Schultern) hama gsagt: Na ja, muass ma hoid duach, gell. Hama die ganzn Reiha olle duachganga … i woaß ned, 30ge oder was warn, gell, ois duachgeh miassn …
L. P.: (zu V.) i waoß ned wia vui han´s gwen?
M. V.: Auf da Todesliste stehn 42g Tote.
J. G.: Ja, ungefähr. Ja, hama ois duachgeh miassn vo obn bis untn, gell, und na is nomoi a Rede gwen, gell, und dann san de Leit hoam. A jeda war schockiert, gell, na hama dahoam erzoid, was do los war, ach, du lieba Gott …
L. P.: I woaß hoid, zu mia han na Leit eikema, de wo … dene hob i na Hofmann´s Tropfn gebn, de wo so vui schlecht gwen is, dass …
J. G.: Ja, des is ja klar … Mia ham ja nix dafia kena, mia ham´s ja ned umbracht! (P. bestätigt) Und den Ding (hält die Hand vor´s Gesicht), den host no Tage lang, … den Gruch! … (P. ja, des ham´s oisamt gsagt!)
F. L.: Wia lang san dann de Leichname in Lohen verbliebn?
J. G.: Ja moment, dann war nomoi eine Beerdigung, nomoi a Feier. Da wurden aber die Särge dann nicht mehr aufgemacht, weil si so vui Leit beschwert ham. In Muidorf war ja desselbe,gell, glab i. Da hama, war bloß no a Feier und Särge nicht mehr auf.
F. L.: Als weitere … die gleichen Särge oder weitere Särge?
J. G.: Weitere … die ham´s ja dann eigrabn … do dort … war a so a Friedhof, gell?
L. P.: Die han na glei eigrabn worn.
J. G.: Ja, han eigrabn worn. Und dann han nomoi Särge kema, die wurdn aber nicht mehr aufgemacht. War bloß no so a Feier.
F. L.: Wie lang … wie viel später … war´s a Monat oder zwoa Monat …?
J. G.: Na, war gar ned vui später, i glab a Woch oder zwoa … des war ned vui später. Na ham´s hoid wieda oa gfundn …
L. P.: Im Juni is hoid des gwen, des woaß i no …
F. L.: Des wean hoid die dreißge gwen sei, die bei die erstn Begräbnis und dann hoid nomoi … wean weitere gfundn worn sei … und de san dann …
L. P.: Des kommt ma sogar feststelln, wann des gwen is, (wendet sich an V.) weil an dem Dog is da Hoizhammer beerdigt worn. Da Hoizhammer Mathe, woaßt scho, da Vata von dene … (G. erinnert sich, V.: Also gibt´s do a genaues Datum?) Der is an dem Dog Vormittag beerdigt worn und do han de do gwen an der Beerdigung und ham nimma weida kena, weil´s do a zsammgfangt worn han von de Amerikaner … (erwähnt Leute aus der Bekanntschaft) …
J. G.: Mhm, ois hod do hi miassn, gell … was auf da Stroß troffa ham, ham´s ois eigsammelt.
L. P.: Na, die ham´s dann do ausse an die Lager hi …!
F. L.: Wie lang san denn die Totn verbliebn jetz in Lohen do?
M. V.: I woaß des ned, glab so zwoa Jahr, so ca. … und dann san´s in die Friedhöfe nach … (P: Dachau …?) Na, in die Aufzeichnungen steht Kraiburg, Mühldorf und Neumarkt san´s verteilt worn.
F. L.: Also die jetzigen noch bestehenden KZ-Friedhöfe? (V. bestätigt)
J. G.: I hab imma ghört, des san hauptsächlich holländische Judn, ham´s gsagt, damals!
L. P.: Do hod´s oiwei ghoaßn, rumänische und ungarische! Weil unsere Russn hamd oiwei gsagt: Mit die rumänischen kann ma sprechen. I moa, die ham hoid a so deitsch kenna, unsane Russn, wia … aber mit die ungarischn kann ma … des sin keine Slawen, mit dene kann ma ned sprechen. Do verstehn´s nix. Aber die rumänische Sprache, die is so … bissl was …
J. G.: Des woaß i ned, i hab do imma ghört, bei dem Ganzn … dass angeblich holländische Judn warn, oiso i woaß ned …
L. P.: Ja, es können a welche dogwen sei, aber hauptsächlich ungarische und rumänische hand des gwen.
F. L.: Des war dann ungefähr 1947/48, wo Leichname verbracht worn san … Dorf, ihr habt´s es ja schon vorher erwähnt, gemeinsam … jede Familie hod … Verluste ghabt, es war a sehr bedrückende Stimmung. Natürlich hat ma des a Stück weit dann a zur Seite geschobn …?
J. G.: Ja, is ja klar, gell, des war weg ois …
F. L.: Des war weg, ja … des Lager, die baulichen Reste san verfalln einfach wahrscheinlich, gell …?
M. V.: Ja, es san hoid no … Grundmauern do, Reste Mauern … von zwoa Barackn, de so 25g mal 10m oder 8m san … also, do san no so Grundmauern do und diesen schon besagten Bunka … der steht a no!
F. L.: Mhm, drei auf drei, wo die Häftling …?
M. V.: Ja, … aber insgesamt steht … do gibt´s a so a tolle Liste … dass 34 Barackn, 34 Einzelbarackn, wo die Gefangenen drin warn, dann eine gewisse Drundhalle (?), da wo die Aufseher drin warn, a Halle, wo gessn worn is, eine … ein Urinal is do oder eine Latrine … gwesn, aber … heut sigt ma eigentlich nur noch drei Teile: des san zwoamoi diese Grundmauern von den Hallen, und diesen Bunka.
J. G.: Mhm … und do war doch a bei der Kiesgruam do hintere, do ham´s doch a so an Bunka baut, do hod´s oiwei ghoaßn, des is a Flak-Abwehr-Station, woaßt des nimma?
M. V.: Na, da woaß i nix.
J. G.: Do war in dem Hang a Bunka, do sama mia ois Kinda hintre oiwei, do ham no Flüchtlinge drin gwohnt in dem Bunka, gell.
M. V.: Ja, ja, den gibt´s ja heid no! Der Bunka, der am Scheider Berg (?) … wenn ma am Scheider Berg nauf is, is a rechts untn. (G. bestätigt) Des war damals a Bunka für Aufsichtspersonal. Der war … is bombensicher damals gebaut worn. Und der steht heid no untn.
J. G.: Und do hod ma praktisch an scheena Überblick ghabt, von do herobn,gell! (V. bestätigt)
VII. Besonders einprägsame Ereignisse
F. L.: Jetz hama heid … oder, jetz sima heute im Juli 2007, oiso is schon 60 Jahre, wenn´s 1947 war, wo die Leichen in die KZ-Friedhöfe verbracht worn san, was gebliebn is, is sehr viel Erinnerung (weist auf seine Gegenüber), von der Sie uns erzählt ham. Wenn ma so zum Ende Ihrer Berichte … möchte i nomoi a Frage an Sie stelln: Was is so die … eines … wenn Sie sagen, oder wenn Sie vor die Wahl gestellt werdn, Sie hättn nur Eines zu sagen von dem Lager, was do draußen war. Was würden Sie do sagn, einen Punkt, was wär so des Wichtigste, was Sie sagen würden zu dem Lager do draußn? Zu der Gschichte do draußn?
M. V.: Ich hab imma im Kopf und des war bei mia scho ois kloana Bua do, wia kennan Menschn so schlimm sei und anderen Menschen so wos odoa. Diesen Gedanken hob i heid no, aber den hob i ois kloana Bua no vui schlimma ghabt. Des war, imma, wenn meine Eltern oder die Gschwister oder die Knechte und Mägde do drüba damals gredt ham, wia gsagt: wie kennan Menschn so grausam sei!
F. L.: Danke, Herr Voglmaier. Herr Göllinger, was datn Sie so … des is vielleicht no oa Punkt, was des Zentrale, des Wichtigste für mi?
J. G.: Ja … wo ma hoid des erste Mal gseng ham dort. Ma hod scho imma … ma hod ghead, es gibt KZ Dachau, ned. Aber, ma hod hoid gwusst, na ja, do wean die Leit ned guat behandelt, die miassn vui arbeitn und so, gell, wean gschlagn. Und dann hama erst so richtig mitkriagt, wia des do (weist mit der Hand ins Gelände) in Wirklichkeit so ablauft, gell. Und i hob ja scho imma Flugblätter gsammelt, gell, des war ja verbotn. Die ham ja Massn (schaut zum Himmel, lacht), woaßt no (P: Ja, ja, wia de oba grauschelt san, gell) Die hod ma, glaub i, i woaß ned, sammeln, glab i hätt ma´s deafa, aber abliefern. Aber i hob heid no oa dahoam, so Flugblätter, ja, ja.
L. P.: So! Mit an die Felder drin beim Droad mahn hod ma´s oiwei gfundn nachad.
J. G.: Und oans … do hob i dann i die Flugblätter oiwei duachglesn, und do stand natürlich ganz was andrs drin, ned. I moan, des war a a Proganda, ned. Was uns … do was´d vom Radio ghead hast. Und von dem Tag ab hob i heimlich Feindsender ghört, des war ja praktisch … do bist ja scho halbats im KZ …
L. P.: Den hama mia jedn Tag ghört, den ham mia oiwei ghört!
J. G.: Ja, aber es war sehr gefährlich!
L. P.: Ija, … mia ham des gar ned … i woaß ned, hod nia neamd was gsagt!
J. G.: Aber do hätt eich koana erwischn …! (lacht)
F. L.: Aber des war so der Punkt, wo Sie gmerkt ham, hoppla, des is … do is was schlimms … was …
J. G.: Scho oganga is, des woaß i no, da hama unt Fußboi gspuit, do wo da Fußboiplatz unt war, (P. bestätigt) … Fußboi gspuit, des war, glab i Juni umanand 44ge, dann kimmt ein Bauer glaffa, und sagt zum Lehrer: D´Ami san glandt! Und na hama die … hama gsagt: Gottseidank, jetz wird der Schmarrn nimma lang dauern! Aber des Schlimme war natürlich, von der Nazi-Propaganda duachhoitn, weil sonst, wenns ihr ned duachhoit´s, na keman´d Russn und de bringan eich nach Sibirien, verstehst mi. Und na ham die Leit natürlich Angst ghabt, duachhoitn, duachhoitn, gell …bloß ned no irgendwas gega die Nazi do sagn.
F. L.: Danke, Herr Göllinger! Sehr beeindruckend. Frau Posch, was sagn Sie …?
L. P.: Also mia ham hoid damals die letzte Zeit vom Kriag, mia hama oiwei gmoant, mia wean ma bestimmt olle ausgraubt, wenn da Kriag gar is. Weil wenn de Leit amoi oisamt olle loslassn wean, de gar nix ham, dene alles gnumma worn is, ja, do wean ma olle ausgraubt. Mit den ham mia eigentlich … natürlich warn mia erleichtert, wia ma gseng ham, dass gar neamd mehr do is …
J. G.: … und´d Ami warn na a no do …
L. P.: Na ja, de hand hoid na kema, aber …
J. G.: Es war a keine Polizei mehr do! Es war a Zeit, do hod a jeda macha kena, was a woit, gell! (P. bestätigt) … Do warn a Überfälle auf Bauernhöfe … (P. bestätigt wieder: Freile, grad gnua!) Und zwar, manche Bauern, was i bei uns dann do … die wo de schlecht behandelt ham, gell … Poln, und so Zwangsarbeiter …
F. L.: (unterbricht) Des is aber jetz … die Befürchtung is also nicht eingetreten, Frau Posch, oder, dass … die kema warn und Rache gnumma hättn jetza?
L. P.: Nein, do is gar nix … nicht ein bissl … nein, nicht ein bissl. Do han … die Russn han kema in da Fria um hoibefünfe, ´s is no ganz finsta gwen, mindestens 25, 30g Russn han im Hof draußn gwen und ham oisamt gschrian: Malaku, Malaku …(?) Und i hob überhaupt ned gwisst, was des is. Mei Muatta hod mi aufgweckt, mei, ma hod do no guat gschlaffa, gell. Nachad bin i zum Nikolai hintre, do zu de Russn, de bei uns do garbeit ham. Na hob i gsagt: Nikolai, geh amoi do ume, do san so vui Ruske untn und de schrein oiwei Malaku, was is´n des? Na hätt´n de a Milch meng! Milch! (lacht)
Ja, na is der do ausse und hod do mit de oiwei gredt und gredt und nachad … na bin i herganga und hob a große Milibitschn (Milchkrug) gnumma und hob do vielleicht zwoa Lita Magermili einedoa und de hob i aussetragn und hob´s einegschitt eanane Kübln do, gell.
Und na han´s fuat … und ham´s oiwei mit´m Nikolai no gredt und … mehra woaß i ned, was do gwen is. Aber mia ham eigentlich überhaupt nix …
J. G.: Was do nach´n Kriag no rumglaufa … so Gfangene, versprengte, na hast ab und zua no oan laffa seng mit KZ-Kleidung, gell … hast do laffa seng … und dann san´s runta … san´s von Südtirol …, na warn no so viele von Berlin, die evakuiert warn, so Kinder, so a Kinderlager, gell. (P. bestätigt) Die san do duach mit eanane … eanam Personal no, gell … Mei, des war … mit Koffa ham´s gschleppt und Rucksäck … des war ein Drama …
L. P.: Und jede Nacht hama an Haufa Übernachtungen ghabt, weil nach sechse hod neamd mehr draußd sei deafa, gell. (G. bestätigt: Ja, do war ja de Sperrstund, gell!) … Soldatn und oi mögliche, gell …
J. G.: Und woaßt as, do warn do de Russn do … i woaß ned, wo de auf oa Moi herkema san, vo do druntn auffa, von Aschau-Werk oder was, de ham ned Radlfahrn kenna, konnst di erinnern? Na ham´s … Radlfahrn glernt, …
L. P.: Ja, ja … was moanst, was de Radl gstoin ham damals ! …
Und do han´s oiwei …. also i muaß sagn, bei uns is da Vata von unsane zwoa Buam, der is kema, und hod oiwei gredt mit dene und na hob i ma denkt: Aha, jetz gehn´s, oisamt ham´s scho s´Arbeitn aufghört. Na hod der Nikolai gsagt: Vater hat gesagt, ihr braucht uns. Weil mei Vata grad zuvor gstorbn gwen is, ned. Und na han de do bliem bis zum 6. Juni, bis wegkema han. Und do han de andern oiwei vorbei, de andern Russn do, a jeda hod a drei, a vier Armbanduhrn droghabt, auf jedn Arm … (lacht) und Radl ham´s gstoin so vui …! (lacht herzlich)
J. G.: Des warn Zwangsarbeita zum Teil, bei de Bauern garbeit ham, gell … (P. Ja, freile …)
F. L.: Sie ham auf alle Fälle jetz … koa Raubüberfälle gmacht, und wenn … dann in da Gegend …
L. P.: Na, bei uns … bei uns ned!
J. G.: Na, i kann mi erinnern, dass einige Bauern überfoin ham. Do ned, aber wo anders …
F. L.: Is … as elterliche Anwesen a amoi überfoin worn, oder …? (P.: Ja, de han überfoin worn, ausgerechnet beim Voglmaier, de so vui doa ham!)
M. V.: Ja, des war aber dann scho 1947g, san eines Nachts … Poln … auf´n Hof komma bei da Nacht und ham unsan Hof überfoin. Des war oiso … des san so zrückgebliebne Zwangsarbeita gwen und de ham oiso alles mitgnumma, was zum Mitnehma war. Die ganzn Leit die do warn, san in den Keller eigsperrt worn, und ham hoid dann zum Schluss gsagt, sie deafan d´Polizei ned oruafa, weil sonst komman´s zurück und daschiaßn olle. Also die ham natürlich Pistoln ghabt und ham alle mitgnumma, was möglich war. Aber Menschnleben oder Leid is ned zu schadn …
F. L.: Des warn diese „displaced persons“, die wo die großn Lager bei uns in da Gegend ja in … Waldwinkel bei Aschau war ein großes und des andre große war in Gabersee. …
Aber jetz hama uns a guate Zeit unterhoitn und Sie ham sehr vieles berichtet, sehr lebendig. Ich möcht mich sehr bedanken, dass Sie diesen Bericht abgebn ham, also sehr persönlich abgebn ham, sehr lebendig, Frau Posch, Herr Göllinger, Herr Voglmaier. Wir hoffen, dass wir mit Ihren Berichten den jungen Menschen wieder was verdeutlichen können, was Sie erlebt ham und was passiert is. Herzlichen Dank.