Für das Erinnern
Der Stadtrat hat auch im zweiten Anlauf die Namensgebung der Mühldorfer Hauptschule nach dem ehemaligen KZ-Häftling Max Mannheimer abgelehnt.
Wie Bürgermeister Günther Knoblauch gestern auf Anfrage mitteilte, sprach sich das Gremium gegen eine Benennung aus, weil Straßen oder Gebäude grundsätzlich erst fünf Jahre nach dem Tod des Namensgebers benannt werden dürfen. Nach Knoblauchs Angaben sprach sich der Stadtrat mit 14 zu 10 gegen den Antrag aus, den Schulleiter Christian Funiok gestellt hatte. Knoblauch betone, die Entscheidung habe nichts mit der Person Mannheimers zu tun, es sei lediglich um den Fünf-Jahres-Grundsatz gegangen. Außerdem hätten mehrere Redner ausdrücklich das Engagement der Schüler gewürdigt. Schulleiter Funiok, der dem Antrag zusammen mit den Grünen, sechs SPD-Mitgliedern und Bürgermeister Knoblauch zustimmte, erklärte auf Anfrage, er werde trotz der Niederlage bei der Regierung von Oberbayern beantragen, die Schule nach Mannheimer zu benennen.
Nach Funioks Angaben entscheidet die Regierung über die Benennung, der Stadtrat gibt lediglich genau wie Elternbeirat oder Schulamt eine Stellungnahme ab. Zwar gebe es auch bei der Regierung die Festlegung, Schulen grundsätzlich erst nach dem Tod eines Menschen zu benennen. "Grundsätzlich heißt aber, dass Ausnahmen möglich sind", betonte Funiok. "Das ist bei Schulen in der Vergangenheit häufig geschehen."
Knoblauch bestätigte, dass die Stadt lediglich gehört werde: "Die Entscheidung trifft die Regierung." Er kündigte an, die Regierung über die in Mühldorf geltende Fünf-Jahres-Regelung zu informieren. Funiok erklärte, er werde den Antrag auf Namensnennung im Januar in der Regierung abgeben. hon
Peinlicher geht's wohl nicht mehr: Da hat der Mühldorfer Stadtrat auch im zweiten Anlauf und trotz ausreichender Bedenkzeit mehrheitlich dagegen gestimmt, die Hauptschule nach Dr. hc. Max Mannheimer zu benennen. Obwohl es nur um eine Empfehlung geht und letztendlich die Regierung das Sagen hat, glauben 14 Mitglieder des Stadtrats durch ihre scheinheilige Prinzipientreue eine wirklich Schule machende Namensgebung torpedieren zu müssen. Gegen den ausdrücklichen Wunsch der engagierten Schülerinnen und Lehrkräfte, gegen den Antrag des zuständigen Schulleiters und gegen das Votum des Bürgermeisters – wohl wissend, dass auch das Schulamt und unser Staatssekretär im Kultusministerium die Ausnahme von dem Fünf-Jahres-Grundsatz vermutlich wohlwollend behandeln würden – verweigern sie ihre Zustimmung und geben damit Signale in die falsche Richtung. Gerade nach dem rechtsextremistischen Anschlag auf den Passauer Polizeichef wäre ein geschlossenes Eintreten des gesamten Stadtrats für ein Opfer des Nationalsozialismus in unserer Region das richtige Zeichen gewesen. Traurig aber ist vor allem, dass der Zeitzeuge Max Mannheimer, der durch zahlreiche Be-suche seine aufrichtige Verbundenheit mit der Stadt und dem Landkreis bewiesen hat, erneut so gekränkt wurde. In dem treffenden Kommentar von Markus Honervogt fehlt eigentlich nur ein Wort: "Letzte Chance vertan." Welchen Allerweltsnamen die Hauptschule bekommen wird, ist jetzt eigentlich schon egal.
Friedl Schmidt
Mettenheim
Wir sind über diese Entscheidung des Mühldorfer Stadtrates bestürzt. Wir sollten stolz auf unsere jungen Menschen sein, die sich in einer hervorragenden und bemerkenswerten Art und Weise mit den Schreckenstaten des Hitler-Faschismus und damit auch mit den Geschehnissen im Mühldorfer Hart über eine lange Zeit beschäftigt und mit dazu beigetragen haben, dass dieser Ort auch zu einer Gedächtnis-Stätte über die Gräueltaten dieser Zeit wird. Wir sollten froh und glücklich sein, dass der Zeit-Zeuge, Max Mannheimer, noch unter uns weilt. Das ist eine besondere Ausnahme! Meine Frau und ich wurden Zeit-Zeugen der zweiten schlimmen Ära der deutschen Geschichte. Wir waren Gefangene im System der ehemaligen DDR, dem Honecker-Totalitarismus und verbüßten zwei Jahre unschuldig hinter Gefängnismauern. Wir beschreiben diese Zeit, die schlimmste Zeit unseres Lebens, in unserem Buch "Erst verraten – dann verkauft" zusammen mit unserem Verwandten Volker Ebers. Wir rechnen in diesem Buch mit den Schergen, den Verrätern und dem System ab. Wir wollen aber auch ebenso wie Mannheimer die jungen Menschen für ihr Interesse an dieser Zeit gewinnen, sie wachsam werden lassen, damit uns nicht ein drittes Mal in Deutschland ein solches Schicksal wider fährt. Wir appellieren an den Stadtrat, trotz der Tatsache über die Festlegung von Namensehrungen – erst fünf Jahre nach dem Tode – sich über die Bedeutung dieser Entscheidung neu zu besinnen. Demokraten sind deshalb Demokraten, weil sie die höchste Kompromissbereitschaft im Interesse des Volkes praktizieren.
Dr. U. J. Jürgensen
Elke Jürgensen
Volker Ebers
Mettenheim