Als Zwangsarbeiter sah Mikulas Nazi-Konzentrationslager
Von Amy Rabideau Silvers; erschienen im Milwaukee Journal sentinel am 21. April 2005
Für Stephen Mikulas war es keine Heldentat, aber seine Familie vergaß nie die Geschichte von dem Tag, als er den Gefangenen des Konzentrationslagers Mettenheim zu Essen brachte.
Mikulas kam im damaligen Österreich-Ungarn zur Welt und wurde 1940 als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Er lebte in Mühldorf und hatte dadurch relativ viele Freiheiten, eingeschränkt durch die Arbeit und Sperrstunden. Er lernte auch einige Juden kennen, die gezwungen wurden während des Tages in Mühldorf zu arbeiten.
„Er fragte sie, was er tun könne", so seine Tochter Anne M. Chang. „Ein Mann, der in Mettenheim inhaftiert war, sagte ihm, er solle einige Kartoffeln mit der Schale kochen, sie unter dem Zaun hindurch schieben und dann gehen."
Genau das tat Mikulas. Er sah, wie die Gefangenen die Kartoffeln nahmen. Dann wurde er von einer Wache entdeckt.
„Machen Sie das nie wieder", sagte der Soldat und befahl ihm wegzulaufen.
„Mein Vater war schlau genug, nicht zu laufen", so sein Sohn, Peter Mikulas. „Er wusste, dass dies eine Falle war. Wäre er gelaufen, hätten sie ihm Schuld zu unterstellen können, was sie berechtigt hätte ihn zu erschießen."
Mikulas überlebte diesen Tag und den Rest des Krieges und begann schließlich ein neues Leben in den Vereinigten Staaten.
Er starb am Montag, den 18. Mai 2005 eines natürlichen Todes. Mikulas war 89 Jahre alt.
Eine Ausbildung zum Metzger
Mikulas wuchs in einem Teil Österreich-Ungarns auf, der heute in der Slowakei liegt. Dort absolvierte er auch eine siebenjährige Ausbildung zum Metzger.
„Nachdem Deutschland die Tschechoslowakei annektiert hatte, kam ein Nazi-Soldat nach Sadok, meine Heimatstadt, um Arbeiter für die Deutsche Industrie auszuheben", erzählte er einmal.
Jeder wusste, dass die einzige Alternative zur Zwangsarbeit darin bestand, in der deutschen Armee zu kämpfen.
Mikulas wurde zuerst zur Arbeit im Aluminiumwerk in Töging eingeteilt, wo die Arbeit unter anderem darin bestand, Motorblöcke für Flugzeuge herzustellen. Später erfuhr er, dass in der Nähe von Mühldorf ein Fleischzerleger gesucht wurde und der Besitzer des Fleischerladens erhielt die Erlaubnis für Mikulas Versetzung.
Dort wurde er von einem Angestellten bedroht, der ihm sogar heißes Wasser auf die Füße goss. Mikulas wandte sich schließlich an den Besitzer, der dem Ganzen ein Ende setzte.
Mikulas überlebte andere Vorfälle, unter anderem den Bombenangriff am 19. März 1945. Die alliierten Bomber griffen den Rangierbahnhof in Mühldorf an und zerstörten auch das Haus, in dem Mikulas lebte.
„Ich hatte keinen Bunker gefunden und überlebte nur mit Glück und einem Baum als einzigen Schutz", erzählte Mikulas.
Bei Ankunft der amerikanischen Truppen wurde Mikulas auch Zeuge, als die Massengräber beim Mettenheimer Konzentrationslager gefunden wurden.
Der Beginn eines neuen Lebens in den USA
1947 kehrte er nach Hause zurück um seinen Vater zu besuchen. Während seines Aufenthalts schlössen die Kommunisten die Grenze. Er umging die Grenzposten und kroch dabei sogar auf dem Bauch, um nicht entdeckt zu werden.
Mikulas kam 1949 als Flüchtling in den Vereinigten Staaten an und ließ sich in Milwaukee nieder. Es erfüllte ihn mit Stolz, als er 1959 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt.
Als geübter Fleischer, fand Mikulas in Milwaukee schnell Arbeit, unter anderem bei den Unternehmen Old National Tea grocery und Ferko Meat Co. Nachdem er in Rente ging, arbeitete als Qualitäts-Kontrollinspektor für die Sysco Food Services, dort arbeitete er als freier Mitarbeiter bis zu seinem 78. Lebensjahr.
„Er war ein ziemlich harter Kerl - und er war groß in jeder Hinsicht", sagt Chang. Er war wirklich unglaublich weichherzig, so dass er ihr mit seinen riesigen Händen sogar eine Korsage für ihren Abschluss anfertigte.
„Obwohl er von Beruf Metzger war, hatte er dennoch Einfühlungsvermögen und war sehr tierlieb", so Peter Mikulas. „Mit gut 80 Jahren begann er, seine Mahlzeiten im Restaurant danach auszuwählen, ob es Cloe, der Familienkatze, schmecken würde.
Über 60 Jahre später fassten Mikulas und seine Familie den Entschluss, zumindest eine symbolische Entschädigungszahlung für seine Jahre als Zwangsarbeiter in Deutschland zu beantragen.
„Es dauerte drei Jahre, bis eine Entscheidung getroffen wurde", so sein Sohn. „Wir erfuhren erst vor ein paar Monaten, dass sein Antrag abgelehnt wurde."
Die Familie akzeptierte diese Entscheidung, ist aber der Meinung, dass der Antrag wichtig
war.
„Natürlich ist seine Geschichte nicht so grausam, wie manch andere und der Entschädigungsfonds ist nicht hoch genug. Es war mehr eine symbolische Sache und wir wollten, dass seine Geschichte dort festgehalten wird", sagt Peter.
Stephen Mikulas hinterlässt seine Frau Mary, seine Kinder und andere Verwandte.