Für das Erinnern
Damit kommt in die jahrelangen Diskussionen um die Gestaltung des ehemaligen Außenlagers plötzlich Bewegung. "Wir sind freudig überrascht", teilte der Erste Vorsitzende des Vereins "Für das Erinnern", Franz Langstein, gestern Nachmittag mit. Es habe in den vergangenen Wochen mehrere Gespräche mit Gabriele Hammermann, dem Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, und Kultus-Staatssekretär Dr. Marcel Huber gegeben. "Doch dass es nun so schnell geht, damit haben wir nicht gerechnet." Selbstverständlich könne diese Maßnahme aber auf keinen Fall die zeitgeschichtliche Ausstellung ersetzen, die für den Haberkasten geplant ist, machte Langstein deutlich.
Am Freitagvormittag hatte Hammermann zusammen mit Kultusminister Ludwig Spaenle das Konzept zur Neugestaltung der Gedenkstätte Dachau vorgestellt (siehe Bericht im überregionalen Teil) und war dabei auch auf die Gestaltung der ehemaligen Außenlagerorte Mühldorf und Kaufering eingegangen. Die neue Leiterin machte klar, dass die Gestaltung der Außenlagerorte eine zentrale Aufgabe der zukünftigen Gedenkstättenarbeit sein werde.
Ein erster Schritt soll die Außenausstellung beim Waldlager im Mühldorfer Hart sein, die laut Hammermann am Jahrestag der Evakuierung, dem 28. April, eröffnet wird. "Es wird zunächst eine kleine provisorische Ausstellung mit fünf Tafeln sein", erklärte sie gegenüber der Heimatzeitung. Dazu solle das Waldlager "landschaftsarchitektonisch bearbeitet" und einige Erdhütten exemplarisch freigelegt werden. Auch ein kleiner Versammlungsplatz ist geplant. Die Konzeption für die Tafeln, die sowohl auf den historischen Kontext als auch auf die Geschichte nach dem Krieg eingehen sollen, wird von der KZ-Gedenkstätte Dachau erarbeitet.
Gabriele Hammermann stellte bei dem Termin mit Ludwig Spaenle darüber hinaus Ideen vor, wie eine mögliche Gestaltung des Bunkergeländes aussehen könnte. In vielen Punkten greift sie damit das Konzept auf, das der "Verein für das Erinnern" der Stiftung Bayerische Gedenkstätten vorgelegt hat. Es reicht von der Gestaltung eines Wege- und Besucherleitsystems über die Umzäunung des Areals bis hin zur Erklärung des Ortes auf Informationstafeln. "Über den unwegsamen Bereich der Bunkerruine könnte ein Steg führen, auf dem die Besucher Infostelen über die Häftlingsarbeit und den Kontext des Bunkerbauprojektes finden werden", teilte Hammermann mit. "Im Bereich des noch stehenden siebten Bogens der früheren Fertigungshalle könnte der zentrale Versammlungsplatz des Gedenkortes Mühldorf entstehen." Auch vor den Eingängen der KZ-Friedhöfe in der Region sollen die Besucher Informationen zu den dort bestatteten Opfern erhalten.
Angaben zu einem möglichen Zeitplan der angedachten Maßnahmen konnte Hammermann gestern nicht machen. Knackpunkt werde die Verhandlung mit den Grundstückseigentümern sein, sagte sie. In diesem Zusammenhang regte Franz Langstein ein Gespräch der Eigentümer mit Karl Freller und Dr. Marcel Huber an. "Das lässt sich nur auf der persönlichen Ebene lösen." ha
(OVB, 14.2.2009)
April 2009
Mühldorf. Das Außenlager des KZ Dachau im Mühldorfer Hart wurde am 28. April 1945 evakuiert. Im Rahmen einer Gedenkfeier zum 64. Jahrestag am vergangenen Dienstag präsentierte MdL Karl Freller von der Stiftung bayerische Gedenkstätten eine Außenausstellung mit vier Schaubildern im Umgriff der Wohnhütten, in denen die Gefangenen unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben mussten. Diese Exposition soll den Anfang machen für eine größer angelegte Dokumentation, die auch den so genannten Bunker und das Massengrab miteinbeziehen werden.
Freller unterstrich vor rund 50 Zuhörern die Bedeutung von Gedenkstätten, die immer wichtiger würden, wenn Zeitzeugen nicht mehr befragt werden könnten: „Wir müssen diese Or te so sichern, dass nicht vergessen wird, was hier geschah." Aus diesem Grund zeigte er sich umso mehr beeindruckt und erfreut, dass in den Personen von Karl Rom, Uri Chanoch, Abba Naor und Jack Terry vier Überlebende der Konzentrationslager zur Feierstunde gekommen waren. Max Mannheimer, der Freund von Franz Langstein und dessen Verein „Für das Erinnern", war verhindert.
In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege, den Bayerischen Staatsforsten und dem Staatlichen Bauamt Rosenheim hat die Stiftung Bayerische Gedenkstätten die kleine Außenausstellung errichtet. Eine erhöhte Plattform (Forum) bietet einen Überblick über die Reste der ehemaligen Häftlingsunterkunft. Neben den so genannten Erdhütten sind auch die Relikte der Latrinen sowie des Lagerzauns zu erkennen. Auf großformatigen Tafeln hinter Plexiglas werden diese in deutscher und englischer Sprache erklärt.
„Dies ist der Einstieg in die denkmalpflegerisch und historigraphisch begleitete Entwicklung des Gedenkortes Mühldorfer Hart", erklärte Freller. Weitere Bausteine seien der Bunker und das Massengrab. In diesem Kontext wies er auf bau- und eigentumsrechtliche Unklarheiten hin, die noch bereinigt werden mussten. Freller versprach: „Wir werden alles tun, dass Mühldorf so ist, wie man sich ei ne würdige Gedenkstätte vorstellt."
Einen entscheidenden Beitrag am Entstehen der ersten Station der Gedenkstätte hatten MdB Stephan Mayer und Staatssekretär MdL Dr. Marcel Huber, lobten Freller und Franz Langstein übereinstimmend. Letzterer betonte, es gehe bei der Gedenkstätte nicht um Betonteile des Bunkers oder Erdhütten, sondern um das unermessliche Leid der Menschen. Insgesamt 8300 Häftlinge, zum Großteil ungarische Juden, mussten in diesem Außenlager von Dachau in der Flugzeugproduktion arbeiten, rund 4000 starben.
Staatssekretär Marcel Huber sprach von schwierigen Prozessen bei der Entstehung der Gedenkstätte. Mit dieser Außenausstellung sei ein guter Einstieg geglückt. Auch er forderte eine weitere Aufarbeitung der Geschichte, die auch einen musea len Bestandteil erhalten solle.
Berührend schließlich waren noch die knappen Worte des KZ-Überlebenden Uri Chanoch, der die Arbeit des Mühldorfer Vereins „Für das Erinnern" lobte: „Das verdient Respekt, denn es zwingt sie niemand, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wir sind dafür sehr dankbar." - ecs
Mühldorfer Anzeiger
Mühldorf - Es war der emotionale Höhepunkt einer außergewöhnlichen Gedenkfeier: Der ehemalige KZ-Häftling Uri Chanoch dankte allen, die sich für eine Gedenkstätte im KZ-Außenlager Mühldorf einsetzen: „Wir schätzen eure Arbeit sehr, wir haben Respekt vor euch. Denn niemand zwingt euch, euch damit zu beschäftigen."
Was Chanoch meinte, sahen die fast 100 Besucher der Gedenkfeier zur Räumung des Lagers im Mühldorfer Hart: eine Holzplattform mit Informationstafeln, die den Blick auf überwucherte Reste der Erdhütten lenken, die vor 65 Jahren als Waldlager dienten. Sie sind -das erste Zeichen einer kompletten Gestaltung durch die Stiftung Bayerische Gedenkstätten.
Stiftungsdirektor Karl Freller, der sich maßgeblich für eine Gedenkstätte einsetzt, äußerte Respekt vor den ehe maligen Häftlingen, die nach dem „grässlichsten Kapitel der Menschheitsgeschichte" in das Land der Täter zurückgekehrt sind, um „zu sagen was war, damit es nie mehr sein wird". Nachdem es immer weniger Überlebende gebe, würden es „in Zukunft die Orte sein, die Zeugnis geben". Es sei „Verpflichtung, diese Orte zu erhalten“.
Seit zehn Jahren treibt der Verein „Für das Erinnern" die Einrichtung einer Gedenkstätte voran. Vereinsvorsitzender Franz Langstein nannte drei Gründe für die Errichtung eines Gedenkortes: Erstens diene er dem Gedenken an die Tausenden Opfer. Zweitens helfe es, die Menschlichkeit und das Streben nach Recht und Freiheit zu bewahren. Drittens bleibe es wichtig, über die Geschehnisse zu reden, um die Erinnerung aufrecht zu erhalten. Langstein kritisierte - ohne die Mühldorfer Hauptschule zu nennen -, dass öffentliche Gebäude nicht nach ehemaligen, noch lebenden Häftlingen benannt würden. Das Gegenteil sei richtig: „Gerade weil er noch lebt, weil er noch mit uns darüber reden kann", müsse ein Gebäude nach ihm benannt werden.
Stellvertretende Landrätin Eva Köhr appellierte, eine würdige Gestaltung unter Einbeziehung der „unmenschlichen Arbeitsstätte am Bunkerbogen zu erreichen". Es müsse für Bund, Land und Grundstücksbesitzer endlich ein gemeinsamer Weg gefunden werden.
Staatssekretär Dr. Marcel Huber begründete den Einsatz für eine Gedenkstätte vor dem Hintergrund der bayerischen Verfassung, die in ihrer Präambel eine Gesellschaft ablehnt, die ohne Achtung vor Gott und der menschlichen Würde handele: „Auch dieser Ort im Waldlager ermahnt uns zur Verantwortung und zur Sichtbarmachung dessen, was geschehen ist." Die Eröffnung des Gedenkorts im ehemaligen Waldlager sei ein erster Schritt: „Der heutige Tag kommt sehr spät", sagt er. „Das sollte aber kein Anlass zur Klage sein, sondern Motivation, uns erst recht einzusetzen." hon/rob
Wie Bürgermeister Günther Knoblauch gestern auf Anfrage mitteilte, sprach sich das Gremium gegen eine Benennung aus, weil Straßen oder Gebäude grundsätzlich erst fünf Jahre nach dem Tod des Namensgebers benannt werden dürfen. Nach Knoblauchs Angaben sprach sich der Stadtrat mit 14 zu 10 gegen den Antrag aus, den Schulleiter Christian Funiok gestellt hatte. Knoblauch betone, die Entscheidung habe nichts mit der Person Mannheimers zu tun, es sei lediglich um den Fünf-Jahres-Grundsatz gegangen. Außderdem hätten mehrere Redner ausdrücklich das Engagement der Schüler gewürdigt.
Schulleiter Funiok, der dem Antrag zusammen mit den Grünen, sechs SPD-Mitgliedern und Bürgermeister Knoblauch zustimmte, erklärte auf Anfrage, er werde trotz der Niederlage bei der Regierung von Oberbayern beantragen, die Schule nach Mannheimer zu benennen. Nach Funioks Angaben entscheidet die Regierung über die Benennung, der Stadtrat gibt lediglich genau wie Elternbeirat oder Schulamt eine Stellungnahme ab. Zwar gebe es auch bei der Regierung die Festlegung, Schulen grundsätzlich erst nach dem Tod eines Menschen zu benennen. "Grundsätzlich heißt aber, dass Ausnahmen möglich sind", betonte Funiok. "Das ist bei Schulen in der Vergangenheit häufig geschehen."
Knoblauch bestätigte, dass die Stadt lediglich gehört werde: "Die Entscheidung trifft die Regierung." Er kündigte an, die Regierung über die in Mühldorf geltende Fünf-Jahres-Regelung zu informieren. Funiok erklärte, er werde den Antrag auf Namensnennung im Januar in der Regierung abgeben. hon
Mühldorf/Markt Schwaben. Sie haben Akten gewälzt, in Archiven gestöbert und Gespräche mit Zeitzeugen geführt. Dabei hatten die Schüler des Franz-Marc-Gymnasiums in Markt Schwaben (Lkr. Ebersberg) genau ein Ziel: Mehr zu erfahren über den so genannten Todes zug, der Ende April 1945 etwa 3600 KZ-Häftlinge aus dem Außenlager Mühldorfer Hart in Richtung Tirol transportieren sollte. Die Recherche hat sich gelohnt. Aus den Forschungen zu dem Todestransport und den Berichten der Überlebenden haben die Schüler eine Ausstellung konzipiert, die derzeit im Gymnasium in Markt Schwaben zu sehen ist und anschließend auch in Mühldorf gezeigt werden soll.
Auf Initiative des Geschichtslehrers Heinrich Mayer haben sich die 18 Oberstufenschüler dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte vorgenommen. Sie forschten nicht nur nach der genauen Route des Transports der meist jüdischen Häftlinge, sondern suchten auch nach Einzelschicksalen. So fanden die Schüler knapp zwanzig Namen von Häftlingen heraus, die nach ihrer Flucht aus dem Zug auf Höfen in der Region versteckt worden waren - und zum Teil heute noch dort leben.
Bereits 1995 stieß Geschichtslehrer Mayer auf das Thema. Schüler sollten ihre Großeltern zum Ende des Zweiten Weltkriegs befragen, erzählt er. Zurückgekommen seien sie mit Geschichten vom Massaker an den KZ-Häftlingen in den letzten Kriegstagen in Poing.
Der Zug sei unterwegs immer wieder von alliierten Tieffliegern angegriffen worden, erklärt Mayer. In Poing habe er wegen technischer Probleme angehalten. Es habe sich die Nachricht vom Kriegsende verbreitet. Die Wachmannschaften hätten daraufhin die Waggons geöffnet. Die entkräfteten Häftlinge hätten versucht zu fliehen, seien aber von SS-Männern erschossen oder zurück in den Zug getrieben worden. 50 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt, rund 250 gelang die Flucht. Der Zug fuhr weiter, erst in Tutzing war Endstation, US-Soldaten befreiten die Häftlinge.
Mit insgesamt sechs Schautafeln wird in der Ausstellung mit Bildern von Häftlingen und der Eisenbahnroute, Interviews mit Zeitzeugen, Presseartikeln und Archivmaterial rekonstruiert die Ausstellung die Geschichte des Todeszugs. Die Schüler haben zudem eine Begleitbroschüre erstellt. „Für mich war es am wichtigsten, dass sie sich vor Ort mit lokaler Geschichte beschäftigen und so einen Zugang dazu finden", sagt Mayer. Zusammengearbeitet haben die Schüler unter anderen mit Mühldorfs Stadtarchivar Edwin Hamberger, der die Ausstellung laut Mayer nun auch nach Mühldorf holen will.
Teilweise hätten die Schüler bei der Recherche sehr persönliche Erfahrungen gemacht, erzählt Mayer. So sei einer in Entnazifizierungsakten auf den Namen seines Großvaters gesto ßen. Dieser war im Dritten Reich Dorfbürgermeister - und hatte laut Akten einige Häftlinge bei sich versteckt, die sich nach Kriegsende dann wiederum für ihren Retter einsetzten. Tommi Dengl hat mit einem Überlebenden des Massakers gesprochen. Als „krass" und „berührend" beschreibt er das. Schockiert waren die Schüler von der anhaltenden Judenfeindlichkeit in den 50er und 60er Jahren. „Das war für uns unglaublich", sagt Lisa Brandl. Viel Freizeit hätten die Schüler für die Ausstellung geopfert, meint Mayer. Dass sie etwas geopfert hätten, finden die Schüler dagegen nicht. Im Gegenteil, sagt Dengl. „Ich habe gelernt, wie viel die Freiheit wert ist, und wie schnell man sie verlieren kann." - gbe/epd
Mühldorf - Die Fachakademie Starkheim bekam für ihr Projekt "Rechtsradikalismus - gestern und heute" den Dietrich-Bonhoeffer-Preis. Die Hälfte der gewonnenen 300 Euro spenden die Schülerinnen an den "Verein für das Erinnern", der sich für den Bau einer Gedänkstätte im Mühldorfer Hart einsetzt.
©OVB
Freude über das Engagement der Studierenden und den Scheck: Dr. Erhard Bosch vom Verein für das Erinnern in Starkheim.
Der Zweite Vorsitzende des Vereins, Dr. Erhard Bosch, sagte bei der Übergabe des Schecks, dass der Verein das Geld voraussichtlich für das geplante Projekt "Schüler führen Schüler", verwenden werde. Dabei ist geplant, dass ausgebildete Schüler der drei Gymnasien im Landkreis Führungen durch das "Bunkergelände" für jüngere Schulklassen veranstalten.
Der Preis des Diakonischen Werks Traunstein ehrt Schüler und Jugendliche, die soziales Engagement und Zivilcourage zeigen.
80 Studierende der Fachakademie behandelten das Thema Rechtsradikalismus im Psychologie/Pädagogik- Unterricht. Zu Beginn beschäftigten sich die drei Klassen mit Ausländer- und Judenfeindlichkeit im Dritten Reich und besichtigten das Arbeitslager im Mühldorfer Hart. Sie trafen Zeitzeugen und konnten sich so mit den grausamen Vorfällen dieser Zeit auseinandersetzen.
Das Hauptaugenmerk lag auf den aktuellen rechtsradikalen Tendenzen. Die Schüler beschäftigten sich in Gruppen mit unterschiedlichen Themen und fassten ihre Eindrücke am Ende in einer Plakatausstellung zusammen.
Die Schüler berichteten, dass sie Interviews mit Migranten führten, Umfragen unter Jugendlichen machten oder sich mit der rechten Szene in Ostdeutschland auseinandersetzten. Bei der Zusammenfassung der Ergebnisse wurde ihnen laut einer Schülerin bewusst, dass Rechtsextremismus auch in der Region ein aktuelles Thema sei und man sich couragiert und engagiert dagegen einsetzen müsse.
Den angehenden Erzieherinnen und Erziehern wurde dadurch deutlich gemacht, wie wichtig eine wertebewusste Erziehung für ein Kind sei und dass der eigene Standpunkt im beruflichen Alltag selbstbewusst vertreten werden müsse, so Sofie Stadler, Dozentin für Psychologie.
Die Ausstellung kann ein zweites mal beim Starkheimer Kulturfest im Sommer besucht werden. Der Termin dafür steht noch nicht fest. sag
OVB, Dezember 2009
Erstmals produzieren Schüler in Zusammenarbeit mit der "Stiftung Zuhören" sogenannte Audioguides, Hörführer für das ehemalige KZ-Außenlager im Mühldorfer Hart. Dabei arbeiten 26 Gymnasiasten mit zehn Hauptschülern zusammen.
Mühldorf - Was in vielen Museen üblich ist, soll es ab Frühsommer auch für das KZ-Außenlager im Mühldorfer Hart geben: einen vertonten Führer, den sich Interessierte im Internet herunterladen können. Diese Tondateien sollen Beschreibungen der wichtigsten Plätze des Lagers beinhalten, Interviews mit Zeitzeugen und Fakten rund um den Bau der NS-Rüstungsfabrik im Wald zwischen Mühldorf und Waldkraiburg.
Was diese Tondateien enthalten können, stellten die Schüler unter Leitung von Elke Dillmann vom Bayerischen Rundfunk in der Aula der Hauptschule vor. Die Schüler spielten den Gästen der Auftaktveranstaltung die Reportage eines Besuchs am Bunker und eine Umfrage unter Passanten vor, interviewten den Lehrer Josef Wagner, der sich gemeinsam mit dem Verein "Für das Erinnern" seit Jahrzehnten für den Bau einer Gedenkstätte im Mühldorfer Hart einsetzt, oder den KZ-Überlebenden Max Mannheimer. Er machte im Gespräch mit zwei Schülern erneut die Leitidee deutlich, die hinter seiner Arbeit steht: "Ich möchte helfen, uns von einer Diktatur zu bewahren und die Demokratie zu stärken." Dabei dankte Mannheimer ausdrücklich den Mühldorfern, die sich sehr stark mit ihrer Geschichte beschäftigt hätten. Zugleich machte er klar, dass der Weg noch nicht am Ziel sei: "Die Informationstafeln im Mühldorfer Hart sind wunderbar, aber zu wenig. Wir brauchen auch ein Museum, in dem das Geschehen genau dargestellt wird."
Staatssekretär Dr. Marcel Huber berief sich ausdrücklich auf den KZ-Überlebenden, den er vor Schülern und den Vertretern verschiedener Einrichtungen und Organisationen zitierte: "Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschehen ist. Aber dafür, dass es nicht wieder geschieht." Huber stellte sich ausdrücklich hinter die Einrichtung einer Gedenkstätte, gab aber zu: "Bis jetzt ist es uns nicht gelungen, in den Dingen bis auf eine klare Konzeption wirklich voran zu kommen." Noch immer seien die Fragen der Verkehrssicherung, des Eigentums, der Sprengmittelfreiheit und der Investitionen rund um den Bunkerbogen ungeklärt. Lösungen erwartet sich Huber von einer großen Konferenz, an der unter anderem auch Vertreter des Bundesfinanzministeriums teilnehmen wollen. Bislang ist lediglich im ehemaligen Waldlager ein gestalteter Gedenk- und Informationsort entstanden.
Damit sich Besucher leichter über die Ereignisse in den beiden letzten Kriegsjahren informieren können, werden die Hauptschüler und Gymnasiasten in den kommenden Monaten unter Anleitung der "Stiftung Zuhören" und des Bayerischen Rundfunks Audioguides erstellen. Es werden professionelle Medien sein, mit denen die Schüler, von persönlicher Erfahrung ausgehend, fachlich fundierte Führer erstellen. Interessierte können sich die sogenannten Podcasts im Internet herunter laden, nach Angaben von Josef Wagner soll es aber auch Leihgeräte geben, die sich zum Beispiel Angehörige und ehemalige Häftlinge ausleihen können.
Über die Zusammenarbeit der Schüler freuten sich vor allem die Schulleiter Hildegard Hajek-Spielvogel und Anselm Räde. "Auf die Zusammenarbeit mit dem Ruperti-Gymnasium sind wir besonders stolz", sagte Hajek. Für Anselm Räde zeigt die Zusammenarbeit "die Qualität beider Schularten". Die Rektoren gehen davon aus, dass sich die Jugendlichen der zehnten Klassen durch das Medium Podcast besonders eindrücklich mit dem Thema befassen. hon