Für das Erinnern
ovb, 23.04.2016
Zum Abschluss unserer Serie zur NS-Dauerausstellung im Mühldorfer Haberkasten werfen wir einen Blick in die Zukunft. Im Interview sprechen Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, sein Mitarbeiter Ulrich Fritz und Franz Langstein, Vorsitzender des „Verein für das Erinnern“ über die geplanten Gedenkorte im Mühldorfer Hart.
Die Ausstellung ist eröffnet, nun warten alle Beteiligten auf Fortschritte bei den Gedenkorten. Wie zufrieden sind Sie mit dem Stand der Dinge?
Karl Freller: Insgesamt ist durch den Beschluss des Ministerrats, dass der Freistaat Flächen übernehmen wird und Geld zur Verfügung stellt, ein großer Schritt nach vorne gemacht worden. Ein Glücksfall. Es geht jetzt nicht mehr um den Faktor Geld, sondern um den Faktor Zeit.
Franz Langstein: Als kleiner Verein sind wir froh, dass wir diesen Punkt überhaupt erreicht haben. Man muss dabei den Weg sehen, den wir schon gegangen sind, all die Rückschläge, die es zu verkraften galt. Unsere Sorge war immer, dass unser privates Engagement einmal allzu formalen Gesichtspunkten geopfert wird.
Freller: Wir wissen, welche Pionierleistung der Verein geleistet hat. Trotzdem wird die Umsetzung noch Zeit brauchen. Was nicht am Willen der Beteiligten liegt, sondern an der Tatsache, dass eine Fülle an Behörden zusammenarbeiten muss.
Ulrich Fritz: Dabei sind wir zum Beispiel auch auf das Entgegenkommen der privaten Grundstückseigentümer am Bunker angewiesen.
Bereitet Ihnen dieser Punkt noch Kopfzerbrechen?
Fritz: Bei dem Treffen der Eigentümer gab es erfreulicherweise grundsätzliche Zustimmung zur Idee eines Grundstückstausch.
Freller: Nur um kurz zu verdeutlichen, wie schwierig die Lage aus juristischer Sicht ist: Die Eigentümer wurden bereits einmal entschädigt, eine weitere finanzielle Entschädigung – so die Juristen – sei rechtlich nicht mehr möglich. Erst die Entscheidung des Ministerrats hat uns die Möglichkeit des Tauschs eröffnet.
Fritz: Aufgrund dieser Entwicklung beziehen wir nun auch den Gedenkort am Bunker sofort in unsere Planungen mit ein. Die Arbeiten am ehemaligen Waldlager und Massengrab werden wir heuer noch beginnen, dafür haben wir uns letzte Woche erst getroffen.
Langstein: Dabei ging es auch um ganz praktische Dinge, die zum Beispiel bei künftigen Führungen vor Ort eine Rolle spielen. Wir rechnen mit einer Fertigstellung an diesen beiden Plätzen im kommenden Jahr.
So schnell wird es beim zentralen Gedenkort am Bunker nicht gehen.
Fritz: Leider nein. Beim Bunkerbogen hat Staatsminister Dr. Huber die Verhandlungen mit dem Bund an sich gezogen. Nun sammeln wir gerade die nötigen Informationen – unter anderem eine grobe Kostenschätzung, was ein Zaun um das Areal kosten würde. Am Ende geht die Staatskanzlei mit der Summe X auf den Bund zu, die nötig ist, um diesen aus der Verkehrssicherungspflicht zu entlassen.
Freller: Parallel dazu müssen wir in Sachen Kampfmitteluntersuchung vorankommen. Eine komplexe Geschichte, bei der sich nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen lässt. Außerdem lässt sich dieser Punkt nur schwer kalkulieren, wenn es um die Kosten geht.
Sind Sie sicher, dass die Umsetzung letztlich nicht doch wieder am Geld scheitert?
Freller: Bei Projekten dieser Art sind Kostenschätzungen immer mit Vorsicht zu genießen. Wir reden nun einmal nicht über den Bau eines Reihenhauses. Aber die Sorge, dass wir das Geld nicht bekommen, habe ich nicht.
Langstein: Ich gehe auch davon aus, dass die Entscheidung des Ministerrats steht und dass Minister ehrenwerte Leute sind. Eine Rolle rückwärts wäre nicht nur mit Blick auf die Zusage an Max Mannheimer, sondern auch auf die Dauerausstellung im Haberkasten mehr als bedenklich. Denn die Ausstellung braucht als eigentlichen Anlass die Gedenkorte im Wald.
Freller: Was wir wollten, wird Wirklichkeit werden. Sollten noch einmal Diskussionen ums Geld aufkommen, werde ich diese mit aller Deutlichkeit führen – gerade angesichts der Summen, die an anderer Stelle ausgegeben werden (siehe Infokasten: Obersalzberg).
Wann werden die ersten Schulklassen die Gedenkorte besuchen?
Freller: Sobald wie möglich. Aber einen Termin für den Gedenkort Bunkerbogen kann und werde ich nicht nennen. Dafür ist das Verfahren einfach zu komplex.
Fritz: Der Bunkerbogen ist eine Frage des beständigen Bohrens dicker Bretter. Aus Sicht der Mühldorfer ist die Ungeduld verständlich, aber seit dem Beschluss des Ministerrats vergeht kein Monat, in dem uns nicht Hans-Jochen Vogel nach dem neuesten Stand fragt. Es ist auf dem Thema inzwischen wirklich hoher politischer Druck drauf.
Damit endet unsere Serie zur neuen NS-Dauerausstellung im Mühldorfer Haberkasten, die zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden kann: Dienstag bis Freitag von 14 bis 17 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr.