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KZ-Gedenkstätte Mühldorfer Hart

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Hintergründe der Verfolgung der ungarischen Juden

Nach Prof. Dieter Pohl, Holocaust, Die Ursachen - das Geschehen - die Folgen, Herder, 2000.
siehe auch: Christian Gerlach/Götz Aly, Das letzte Kapitel (Der Mord an den ungarischen Juden 1944-1945), 2002, ISBN 3-596-15772-2

  • 1937: 1. Antijüdisches Gesetz
  • 1938: 2. Antijüdisches Gesetz, Ziel: Zurückdrängung der Juden aus der Wirtschaft
  • 1939: 3. Judengesetz analog der Nürnberger Gesetze: Jüdische Männer mussten Zwangsarbeit leisten, zum Teil an der Ostfront
  • Abtransport von jüdischen Bürgern nach Ostgalizien, wo sie häufig der deutschen Polizei zum Opfer fielen.
  • 1944: Ab März marschierte die Wehrmacht kampflos nach Ungarn ein und Adolf Eichmann reiste nach Budapest, um die „Endlösung“ vorzubereiten. Die Juden wurden in Ghettos zusammengefasst und deportiert. Bis zum 8. Juli mussten 437.000 Juden den Weg nach Auschwitz antreten. Ab 7. Juli verbot Reichsverweser Horthy alle weiteren Deportationen.
  • 15./16.10.1944: Die Pfeilkreuzler (rechtsgerichtete Organisation) stürzen Horthy und nun sollen 78.000 Juden, bewacht von ungarischer Gendarmerie und Pfeilkreuzlern, in Fußmärschen nach Österreich gebracht werden. Die Arbeitsfähigen kamen an den Südostwall oder in Außenlager des KZ Dachau (vgl. Zeitzeuge Janos Gostony). Im Ghetto ermordeten Pfeilkreuzler noch Ende 1944 9.000 Juden. Im Januar stand die rote Armee in Ungarn.

Eine Darstellung der Deportationen der Juden und ihre zeitliche Einordnung finden Sie unter anderem hier:

  • dhm, Berlin
  • Deportation ungarischer Juden nach Theresienstadt
  • Zeitlinie der Judenverfolgung in Ungarn

 

Maßnahmen zur Verfolgung der Juden

01.04.1933 Boykott der Geschäfte jüdischer Eigentümer
07.04.1933 Entlassung von Juden aus der Beamtenschaft möglich
22.04.1933 Jüdischen Ärzten wird ihre Zulassung entzogen
21.04.1933 Verbot der koscheren Schlachtung
14.07.1933 Zwei Gesetze ermöglichen die Enteignung und Ausbürgerung von Juden
22.09.1933 Ausschluss von Juden aus dem Kulturleben
04.10.1933 Berufsverbot für jüdische Journalisten
25.03.1934 Gunzenhausen: Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner
21.05.1935 Ausschluss nichtarischer Männer aus der Wehrpflicht
1935 Nazipropaganda gegen jüdische Viehhändler
Sommer 1935 Hetze gegen jüdische Ladenbesitzer
15.09.1935 Juden verlieren ihre Bürgerrechte, Heiraten zwischen Juden und Ariern verboten
Mitte 30er Jahre Jüdische Unternehmer verlieren ihre Betriebe
Frühjahr 1938 Reichsregierung zur Enteignung der Juden entschlossen
17.08.1938 Zwangsvornamen für Juden (Sara, Israel)
05.10.1938 Einziehung und Kennzeichnung jüdischer Pässe
28./29.10.1938 Ausweisung von 17.000 polnischen Juden
15.11.1938 Jüdische Schüler müssen deutsche Schulen verlassen
12.11.1938 Juden wird der Zutritt zu Veranstaltungen verboten
09./10.11.1938 Reichskristallnacht, Synagogen und Geschäfte von SA zerstört
12.11.1938 Enteignung der Juden zur Wiedergutmachung
20.12.1938 Juden zu unterbezahlten Arbeiten herangezogen
30.04.1939 Juden verlieren Mieterschutz
08.02.1940 Errichtung eines Ghettos in Lodz
11.03.1940 Juden werden Lebensmittelrationen gekürzt
02.10.1940 Das Warschauer Ghetto wird eingerichtet
01.09.1941 Jeder Jude muss den Judenstern tragen
29./30.09.1941 33.771 Juden bei Babi Yar erschossen
15.10.1941 Beginn der Massendeportationen
Okt. 1941 Verbot der Auswanderungen
20.01.1942 Beschluss zur Endlösung der Judenfrage in der Wannsee-Konferenz
Frühjahr 1945 Todesmärsche

 

Begriff: Vernichtung und Arbeit

Lange firmierte das Leben in den Arbeitslagern zum Bau von Rüstungsobjekten als "Vernichtung durch Arbeit". Da dieser Begriff voraussetzt, dass mit einer ideologischen Zielorientierung der NS-Führung vorgegangen wurde, die beabsichtigte, die Häftlinge durch Arbeit bis zur Erschöpfung umzubringen, wird dieser Begriff von der Forschung heute ersetzt durch "Vernichtung und Arbeit".

Im letzten Kriegsjahr gab es eine Umorganisation der KZ-Struktur, weil viele Häftlinge in die Nähe von unterirdischen Rüstungsprojekten verlegt wurden, um dort zu arbeiten. (Siehe Hördler, Ordnung und Inferno und Jens Christian Wagner, Produktion des Todes - Das KZ Mittelbau-Dora). Die Federführung hatte SS-Gruppenführer Richard Glücks, der auch die Leitlinien für die Behandlung der Häftlinge ausgab. In disem Zusammenhang wurde der Begriff der "Verlagerungs-KZs" geschaffen. Diese bestanden häufig aus einem Netz von Außenlagern, die zwar an die Stammlager angebunden waren, diese hatten aber vor allem die Funktion der Verteilung der Häftlinge, die Rücknahme von arbeitsunfähigen oder/und kranken Häftlingen und die Regelung von Verhaltensweisen, die nicht den Lagerregeln entsprachen (Diebstahl, Homosexualität, Fluchtversuche).

Gleichzeitig wurden zur Bewachung viele Angehörige der Wehrmacht rekrutiert, die zum Teil frontuntauglich waren. Dies veränderte auch die Lagersysteme, die sich in den verschiedenen Außenlagern zum Teil stark unterschieden, z.B. im Bereich von Strafen, in der Handhabung der Schonungs- und Krankenblöcke. Den Lagerkommandanten wurden dabei mehr eigene Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt als zuvor in den Vernichtungslagern.

Die Vernichtung von Leben wurde hier im Rahmen der Beseitigung der arbeitsunfähigen und schwachen Häftlinge betrieben. Das geschah entweder durch Massentötungen oder Selektionen, wobei die Häftlinge in Vernichtungslager zurückgeschickt wurden. 

"Wenn wir an unseren Geschichtsunterricht über das Dritte Reich zurückdenken, ist meistens die Wannseekonferenz und der Beschluss zur sogenannten Endlösung hängen geblieben. Endlösung setzt man dann meistens mit den Vergasungen gleich. Allerdings wurden vorher schon Hunderttausende bei Erschießungen umgebracht.

Außerdem besann sich die Führung des Dritten Reiches, dass man dieses gigantische Arbeiterpotential durchaus auch noch gewinnbringend einsetzen könnte: "Nach den ursprünglichen Absichten von Himmler und Pohl sollte die Arbeit der Häftlinge für den Krieg erschöpfend und mörderisch sein. Die erschöpften und sterbenden Häftlinge sollten durch immer neuen Nachschub ersetzt werden. Bei jeder Gelegenheit betonte Himmler die Notwendigkeit des 'rücksichtslosen Einsatzes', und wenn er befahl, dass auch 'die letzte Arbeitsstunde' genutzt werden müsse, meinte er damit die Ausbeutung der Arbeitskraft bis zur tödlichen Erschöpfung." (Zámecnik Stanislav, Zur Geschichte des Konzentrationslagers Dachau, in: Räume - Medien - Pädagogik hrsg. vom Haus der Bayerischen Geschichte, 1999, S. 86).

Für die Häftlinge der Lager Mettenheim I und Waldlager bedeutete das Ausbeutung bis zur Erschöpfung unter dem Druck von Selektionen für Arbeitsunfähige. Bedroht von Typhus und nur mangelhaft mit einer "Bunkersuppe" ernährt, war das Schwinden der Arbeits- und Lebenskräfte vorprogrammiert.

So war der von mehreren Häftlinge zitierte Satz von Bewachern "Ihr werdet doch nicht meinen, dass ihr aus diesen Lagern noch einmal herauskommt!" weniger eine persönliche Morddrohung, sondern eine Einschätzung der körperlichen Befindlichkeit der Häftlinge.

Alfred Eisler sagt: "Wir waren bestimmt dazu, zu sterben!"

 

Weiterführunde Literatur

  • Peter Longerich: "Davon haben wir nichts gewusst" (Die deutschen und die Judenverfolgung 1943-45), München 2006, ISBN 10-3-88680-843-2
  • Andreas Engwert/ Susanne Kill: Sonderzüge in den Tod (Die Deportation mit der Deutschen Reichsbahn), Köln 2009, ISBN 978-3-432-20337-5
  • Lichtenstein, Heiner: Mit der Reichsbahn in den Tod (Massentransporte im Holocaust, Köln 1985, ISBN 3-7663-0809-2
  • Wistrich, Robert: Wer war wer im Dritten Reich, 1982, ISBN 3-596-24373-4
  • Schalm, Sabine: Überleben durch Arbeit, Berlin 2009, ISBN 978-3-940938-45-9
  • Hördler, Stefan, Ordnung und Inferno - Das KZ-System im letzten Kriegsjahr, Göttingen 2015 (Verlagerungs-KZ)
  • Wagner, Jens-Christian, Produktion des Todes - Das KZ-Mittelbau Dora, Göttingen 2015